Nach einem Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts steht einem als Kind von der SS verschleppten Kläger keine Entschädigung der Bundesregierung zu. Dem Kläger sei durch seine zwangsweise »Germanisierung« zwar ganz erhebliches Unrecht angetan worden, erklärte das Gericht am Montag in Köln. Da die zuständige Behörde aber in keinem Fall Leistungen an »geraubte Kinder« erbracht habe, könne das Gericht den Anwendungsbereich der Richtlinie nicht zugunsten des Klägers erweitern (AZ: 8 K 2202/17).
Die Bundesrepublik zahlt Opfern von NS-Unrechtsmaßnahmen im Rahmen des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes Beihilfen. Diese Richtlinie sieht dann mögliche Leistungen vor, wenn jemand wegen eines gesellschaftlichen oder persönlichen Verhaltens oder wegen besonderer persönlicher Eigenschaften wie etwa geistiger Behinderungen vom NS-Regime angefeindet wurde.
Identität Im konkreten Fall hatte ein Mann im November 2015 eine einmalige Beihilfe beantragt, weil er 1942 in Polen als Kind wegen seines »arischen« Aussehens von der SS verschleppt worden war, wie das Gericht erklärte. In der NS-Zeit wurden Kinder ihren Eltern weggenommen und unter Verschleierung ihrer wahren Identität in sogenannten Lebensborn-Heimen untergebracht und später in deutsche Familien vermittelt. Die Organisation Lebensborn vermittelte den Kläger den Angaben zufolge einem reichsdeutschen Ehepaar.
Die Bundesrepublik lehnte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger sei nicht wegen seines Verhaltens oder wegen besonderer Eigenschaften angefeindet worden. Das Gericht stellte zwar eine Ungleichbehandlung fest. Ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Entschädigung besteht nach Auffassung des Gerichts nicht, da die Bundesrepublik ihre Verwaltungspraxis gleichmäßig ausgeübt und die Richtlinie gleichmäßig angewandt habe. Gegen das Urteil kann noch Berufung beim Oberverwaltungsgericht eingelegt werden. epd