Göttingen

Keine einstweilige Verfügung gegen Zumach

Demonstration gegen den Göttinger Friedenspreis 2019 Foto: dpa

Im Zivilprozess um den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Jury-Vorsitzenden des Göttinger Friedenspreises, Andreas Zumach, hat das Göttinger Landgericht am Dienstag ein Urteil gefällt. Zumach darf demnach Achim Doerfer vom Vorstand der Jüdischen Gemeinde Göttingen weiterhin ungestraft Verleumdung vorwerfen. Das Göttinger Landgericht wies am Dienstag den Antrag Doerfers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ab. (AZ: 9 0 6/19)

Doerfer war Mitunterzeichner eines Offenen Briefes des Bündnisses gegen Antisemitismus und Antizionismus »Jachad« vom 21. Februar, in dem die Vergabe des diesjährigen Friedenspreises an den Verein »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost« kritisiert wurde.

BOYKOTT Gleichzeitig warfen die Unterzeichner Zumach in dem Schreiben vor, er wettere »sinngemäß gegen eine vermeintliche ›Israellobby‹«, die systematisch Redeverbote durchsetze. Zudem behaupte Zumach, dass es in der Preisjury keine Diskussion über antiisraelische Boykottkampagnen gegeben habe.

Der Vize‐Chef der Jüdischen Gemeinde Göttingen sieht sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt.

Zumach bestreitet diese Äußerungen, er warf den Unterzeichnern des Briefes deshalb Verleumdung vor. Doerfer verlangte in seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, dass Zumach den Verleumdungsvorwurf nicht länger aufrecht erhält. Bei Zumachs Äußerung handele es sich im konkreten Fall nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine Wertung, urteilte nun das Landgericht. Diese sei grundsätzlich von dem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.

Zumach sagte dem epd, er werte das Urteil als »wichtigen Sieg für die Wahrheit und für das grundgesetzlich verbriefte Recht auf Meinungsfreiheit«. Der Richterspruch wirke hoffentlich als Warnung an alle, die versuchten, »legitime Kritik an der völkerrechtswidrigen und menschenrechtsfeindlichen Politik der israelischen Regierung zu verhindern«.

»Die Auszeichnung ist für die jüdische Gemeinschaft ein Schlag ins Gesicht«, sagte der Zentralrat der Juden zu der Ehrung.

ANTISEMITISCH Der Göttinger Friedenspreis war am 9. März an die »Jüdische Stimme« vergeben worden und schon vorab heftig umstritten. Unter anderen hatten der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, den Verein als antisemitisch und israelfeindlich kritisiert und das mit seiner Nähe zur ebenso judenfeindlichen wie antiisraelischen Boykott-Kampagne BDS (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen) begründet. »Die Auszeichnung ist für die jüdische Gemeinschaft ein Schlag ins Gesicht«, sagte der Zentralrat der Juden zu der Ehrung.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Wegen der Vorwürfe zogen die Universität, die Stadt und die Sparkasse in Göttingen ihre Unterstützung für die Preisverleihung zurück. Die Verleihfeier konnte deshalb nicht wie sonst in der Aula der Hochschule stattfinden. Sie wurde in einer privaten Galerie veranstaltet.  epd/ja

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Berlin

Drei Jahre Haft für Mustafa A.

Der Prozess gegen den Angreifer von Lahav Shapira ist am Donnerstag zu Ende gegangen. Das Amtsgericht Tiergarten ging von einem antisemitischen Motiv aus und sprach den Täter der gefährlichen Körperverletzung schuldig

 17.04.2025

Berlin

100 Strafverfahren nach Besetzung der Humboldt-Universität

Die Polizei ermittelt unter anderem wegen Hausfriedensbruch und Volksverhetzung. Während der Besetzung sollen Aktivisten mutmaßlich Urin aus einem Fenster geschüttet haben

 17.04.2025

Analyse

Kleinster gemeinsamer Nenner

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht kaum Konkretes über Israel und den Kampf gegen Antisemitismus

von Michael Thaidigsmann  17.04.2025

Sebnitz

»Keine Hakennasen«: Jobanzeige eines Dachdeckers sorgt für Empörung

Die Stadtverwaltung der sächsischen Kreisstadt hat gegen den Urheber einer Anzeige im Amtsblatt Strafantrag gestellt

 17.04.2025 Aktualisiert