Meinung

Kein Tanzverbot für Hamburg

Der Hamburger Presseball ist in der Hansestadt das gesellschaftliche Ereignis zum Jahresauftakt. Traditionell eröffnet der Erste Bürgermeister den Ballabend mit seinem Tanz. In diesem Jahr wird er das nicht tun. Denn das Datum fällt auf den 27. Januar, den offiziellen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus. Der Veranstalter, die Stiftung Hamburger Presse, hatte den Termin auf den letzten Samstag im Monat gelegt.

Als sich dagegen Protest regte, reagierte Stiftungschef Karsten Lüchow mit einem lapidaren Formbrief. Man verstehe die Aufregung nicht, das sei doch schon öfter vorgekommen, außerdem lasse man die Spenden des Abends dem Verein Bertini-Preis zukommen.

ablass Doch mit diesem Ablasshandel kam Lüchow nicht durch. Denn es passierte etwas, was in der deutschen Politik selten genug vorkommt: Die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, Carola Veit, sprang den protestierenden Bürgern zur Seite und bezeichnete die Terminwahl als Fehler. Ein Presseball ohne Spitzenpolitiker? Ziemlich wertlos.

Also knickte Lüchow ein, man entschuldigte sich, versprach Programmänderungen und künftig den generellen Verzicht auf das Datum 27. Januar. Allerdings mit einer verräterischen Begründung: »Wir haben unterschätzt, dass die Sensibilität für dieses Thema gestiegen ist.«

boykott Dass Menschen, die öffentliche Veranstaltungen dieser Bedeutung organisieren, Journalisten zumal, hierzulande zur Einsicht genötigt werden müssen, ist eine erschreckende Erkenntnis. Dass die Politik in diesem Fall allerdings klare Kante gezeigt und sogar mit Boykott des Balls gedroht haben soll, ist ein klares Signal, das Mut macht – Mut, weiterhin auf Missstände hinzuweisen und sie zu benennen. Gerade als deutscher Jude.

Eine weitere Erkenntnis aus der Hamburger Posse wäre übrigens, den 27. Januar zum gesetzlichen Feiertag zu machen. Es ist ja noch ein bundesweiter Termin frei hierzulande. Und dass ein Feiertag nicht zum Tanzen da sein muss, das beweist ja der Karfreitag.

Der Autor ist Journalist und Berater in Hamburg.

Diplomatie

Israel kritisiert deutschen Botschafter Seibert nach X-Post

Der deutsche Botschafter in Israel äußerte sich zu einem Bericht, nach dem im Gazastreifen Neugeborene an Unterkühlung gestorben seien

 27.12.2024

Nahost

UN-Chef ruft Israel und Huthi-Terrormiliz zu Deeskalation auf

António Guterres nennt die neuesten israelischen Luftangriffe »besonders alarmierend«

 27.12.2024

Bundeswehr

Kamerad Rabbiner

Seit 2021 sind jüdische Seelsorger großflächig im Einsatz. Der Bedarf ist enorm, die Lage angespannt. Unterwegs mit den Militärrabbinern Oleg Portnoy und Nils Ederberg

von Helmut Kuhn  26.12.2024

Anschlag von Magdeburg

»Radikalisierung mit Extremismusbezügen nach rechts«

Thüringer Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer verortet Tatverdächtigen im rechtsextremen Spektrum

 24.12.2024

Berlin-Schöneberg

Chanukka-Leuchter umgestoßen

Polizei: Zwei Arme der Chanukkia am Bayerischen Platz beschädigt – der Staatsschutz ermittelt

 24.12.2024

Taleb A.

Was über den Attentäter von Magdeburg bekannt ist

Er galt den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Islamkritiker, kämpfte für Frauenrechte und arbeitete als Arzt. Aber es gab auch eine andere Seite

 23.12.2024

Polen

Staatssekretär: »Würden Netanjahu bei Teilnahme an Auschwitz-Gedenkfeier verhaften«

Eine Auschwitz-Überlebende bringt wegen der polnischen Haltung einen Boykott der Gedenkfeier ins Spiel

 23.12.2024

Umfrage

Vertrauen in den Zentralrat der Juden vergleichsweise hoch

Laut einer Forsa-Umfrage ist das Vertrauen in den Zentralrat der Juden in Deutschland in der Gesellschaft höher als das in die Kirchen

 23.12.2024

Extremismus

Terrorexperte Peter Neumann fordert neue Täter-Kategorie

Nach dem Anschlag von Magdeburg: In Deutschland werde über Terroristen in allzu starren Kategorien gedacht

 23.12.2024