Judenfeindlichkeit ist nach Ansicht des Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, kein rein ostdeutsches Phänomen. Man finde Antisemitismus in allen deutschen Bundesländern, auch in Bayern, sagte Schuster am Freitag dem Bayerischen Rundfunk (BR).
Als Beispiel nannte er den Fall einer Abiturientin in Nürnberg. Diese habe im Unterricht zu hören bekommen, dass die Gründung des Staates Israel eine willkürliche Entscheidung gewesen sei.
schulen Um gegen die Anfeindung von Juden stärker vorzugehen, müsse man bereits im Kindes- und Jugendalter ansetzen, sagte Schuster. So dürfe man das Judentum in den Schulen nicht nur »als Opferrolle des Nationalsozialismus darstellen«, sondern müsse auch darauf hinweisen, wie lange Juden in Deutschland schon ihre Beiträge zum wissenschaftlichen und kulturellen Leben leisten.
Es gebe sehr viele Lehrbücher, die das Thema Judentum nur sehr rudimentär aufzeichnen, kritisierte Schuster. Das Judentum beschränke sich jedoch bekanntermaßen nicht auf die Zeit zwischen 1933 und 1945. »Es gab jüdisches Leben in Deutschland viele Jahrhunderte davor, und es gibt es glücklicherweise heute wieder.«
Um Antisemitismus zu erkennen, müsse man außerdem genau hinsehen, so Schuster weiter. Man könne beispielsweise an Entscheidungen der israelischen Regierung durchaus Kritik üben, dürfe dabei aber nicht ein ganzes Volk zur Verantwortung ziehen.
zahlen In ostdeutschen Bundesländern lag die Zahl judenfeindlicher Straftaten in den Jahren 2010 bis 2018 zwar deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Im Durchschnitt waren es in Thüringen pro 100.000 Einwohner 29,8 Delikte, in Sachsen-Anhalt 23,8 und in Brandenburg 28,7.
Doch auch in den übrigen Bundesländern sind judenfeindliche Übergriffe weit verbreitet. In Nordrhein-Westfalen etwa liegt die Zahl der Delikte bezogen auf die Einwohnerzahl bei 12,7. In Bayern lag die Zahl der Straftaten je 100.000 Einwohner im vergangenen Jahr bei 9,4, in Baden-Württemberg bei 8,8 und in Rheinland-Pfalz bei 8,3. epd/ja