Herr Henkel, Sie waren am Wochenende in Israel. Währenddessen fand in Berlin eine Palästina-Konferenz statt, hinter deren Veranstaltern laut Verfassungsschutz die terroristische Hamas steckt. Wie haben Sie Ihren Gastgebern in Jerusalem das erklärt?
Während meiner Reise ging es häufig um die Frage, warum Berlin gerade für junge Israelis so attraktiv ist. Ich freue mich, dass wir eine pulsierende jüdische Gemeinde in der deutschen Hauptstadt haben. Aber es gibt große Herausforderungen für das friedliche Zusammenleben. Dazu zählt der Antisemitismus. Es war mir wichtig, dieses Thema in meiner Rede vor israelischen Zuhörern anzusprechen. Ich bin auf die Konferenz eingegangen, auf die israelfeindlichen Demonstrationen im vergangenen Sommer, auf rassistische und antisemitische Übergriffe. Ich habe deutlich gemacht, dass wir Toleranz und Weltoffenheit in Berlin jeden Tag neu verteidigen müssen.
Wäre es in diesem Sinne nicht möglich gewesen, die Hamas-Konferenz zu verbieten?
Nein. Wir haben geprüft, ob wir gegen die Veranstaltung vorgehen können. Aber ob etwas, das ich persönlich kritisiere, am Ende auch rechtlich untersagt werden kann, ist eine andere Frage. Da gibt es hohe Hürden, das ist das Wesen unserer Demokratie und unseres Rechtsstaats. Das heißt aber nicht, dass eine solche Veranstaltung ein rechtsfreier Raum ist. Ich habe im Vorfeld erklärt, dass die Berliner Polizei die Veranstaltung bei antisemitischen oder volksverhetzenden Inhalten sofort abbrechen wird. Wenn ich mir den Verlauf anschaue, dann scheint der öffentliche Druck nicht geschadet zu haben.
Nur einen Tag später kam es zu einem Skandal beim Zweitliga-Fußballspiel Union Berlin gegen FC Ingolstadt. Auf Anweisung der Polizei mussten Ingolstädter Fans eine israelische Fahne einholen. Warum?
Es ist verständlich, dass dieser Vorfall erhebliche Irritationen ausgelöst hat. Die Entscheidung war falsch. Das habe ich bereits am Sonntag deutlich gemacht. Die Polizei hat den Vorfall schnell ausgewertet und um Entschuldigung gebeten. Ich danke dem Polizeipräsidenten, dass er gestern klare und angemessene Worte gefunden hat. Eine solche Reaktion war auch notwendig.
Droht Berlin nach antiisraelischen und judenfeindlichen Protesten des vergangenen Sommers erneut zum Schauplatz von Hasspropaganda zu werden?
Wir gehen konsequent gegen antisemitische Bestrebungen vor. Dabei reicht es jedoch nicht aus, nur auf die Zahl der Straftaten zu schauen, die im letzten Jahr leicht gesunken ist. Es geht auch um subjektive Sicherheit. Ich nehme es sehr ernst, wenn Menschen jüdischen Glaubens von einem Bedrohungsgefühl sprechen, wenn sie mit Kippa in manchen deutschen Stadtvierteln unterwegs sind. Die Sicherheitsbehörden tun alles dafür, dass es keine No-Go-Areas gibt. Aber es ist nicht nur eine Frage für Polizei und Justiz. Wichtig ist, dass gerade junge Menschen miteinander in Kontakt kommen, Vorurteile abbauen und Respekt füreinander entwickeln.
Mit dem Berliner Innensenator sprach Martin Krauß.