Deutschlands Justiz will sich im Kampf gegen Judenhass besser vernetzen. Ab heute kommen deshalb in München die Antisemitismusbeauftragten der Justizbehörden der Länder und Ansprechpartner zusammen. Gastgeber ist der Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Justiz, Oberstaatsanwalt Andreas Franck.
In die Tagung ist auch der Zentralrat der Juden in Deutschland eingebunden. Dessen Präsident Josef Schuster wird ein Grußwort sprechen. Bereits im Vorfeld erklärte Schuster: »Ein starker Rechtsstaat ist neben Bildung und Dialog eine entscheidende Säule im Kampf gegen Antisemitismus. Die Herausforderung unserer Justiz ist es, Antisemitismus als solchen überhaupt zu erkennen. Dabei helfen erkennbar die Antisemitismusbeauftragen der Justiz. Ihr Wirken in die Strafverfolgungsbehörden hinein, aber auch in die Zivilgesellschaft und die jüdische Gemeinschaft baut darüber hinaus Vertrauen auf und hilft bei der gesamtgesellschaftlichen Vernetzung im Kampf gegen Antisemitismus.«
Der »Süddeutschen Zeitung« sagte Schuster, er habe früher oft den Eindruck gehabt, dass die Justiz auf dem rechten Auge blind sei und sie Boshaftigkeiten und Attacken, die aus dem rechtsradikalen Spektrum kommen, ausblende. »Das würde ich in dieser Schärfe heute nicht mehr sagen«. Dennoch gebe es viele Beispiele dafür, dass in der Justiz bewusst versucht werde, antisemitische Äußerungen »so harmlos zu interpretieren, wie sie mit Sicherheit nicht gedacht gewesen« seien, so Schuster.
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) erklärte, dass in Bayern ein Leitfaden für Staatsanwälte entwickelt worden sei, mit dem antisemitische Straftaten leichter identifiziert werden sollen. Anhaltspunkte für ein judenfeindliches Tatmotiv seien beispielsweise bestimmte Codes oder Jahrestage, die für Neonazis von Bedeutung seien, so Eisenreich.
Die Antisemitismusbeauftragten der Justiz wollen darüber hinaus ihre länderspezifischen Projekte und Themen vorstellen. Themen sollen dabei unter anderem die strafrechtlichen Aspekte der documenta 2022 und das Online-Gaming als neue Herausforderung für die Extremismusprävention bei Minderjährigen sein.
BAYERN Die bayerische Justiz will bei dem Treffen in München auch ihr Online-Meldeverfahren gegen antisemitische Hassrede vorstellen. Laut Eisenreich ist Bayern führend, was den Kampf gegen Judenhass angeht. Bereits seit 2018 gibt es im Freistaat Antisemitismusbeauftragte bei den drei Generalstaatsanwaltschaften in München, Nürnberg und Bamberg . 2021 waren dann zusätzlich bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften Ansprechpartner für Antisemitismus eingesetzt.
Seit Oktober 2021 hat die bayerische Justiz mit dem Oberstaatsanwalt Andreas Franck darüber hinaus einen zentralen Antisemitismusbeauftragten, der hauptamtlich auch für Verfahren in Bezug auf mögliche antisemitische Straftaten zuständig ist.
Im vergangenen Jahr hatten die Justizminister der Bundesländer beschlossen zu prüfen, ob zum Schutz des jüdischen Lebens überall in der Justiz vergleichbare Strukturen etabliert werden sollen. mth