Berlin

Justizsenatorin: Keine Fördergelder an Verfassungsfeinde

Felor Badenberg (CDU) plant nach dem Scheitern der Antisemitismusklausel eine Reform

 20.06.2024 10:16 Uhr

Justizsenatorin Felor Badenberg Foto: picture alliance / SZ Photo

Felor Badenberg (CDU) plant nach dem Scheitern der Antisemitismusklausel eine Reform

 20.06.2024 10:16 Uhr

Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) plant nach dem Scheitern der Antisemitismusklausel in der Hauptstadt als Einschränkung für die Verteilung von Kulturgeldern eine umfassendere Reform.

Das Ziel sei, staatliche Fördermittel grundsätzlich nicht an Verfassungsfeinde auszuzahlen: »Steuergelder sollen nicht Personen oder Gruppierungen zugutekommen, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Es geht um Verfassungs- und Demokratiefeindlichkeit«, sagte Badenberg der Deutschen Presse-Agentur.

»Antisemitismus ist eine Ausprägung davon, aber es sollen natürlich auch keine rassistischen Gruppierungen, keine Rechtsextremen, keine Linksextremen und keine Islamisten mit staatlichen Geldern unterstützt werden«, sagte die Senatorin der dpa. Sinnvoll wäre aus Sicht Badenbergs eine bundesweite Regelung, die über die Kulturbranche hinausgeht. Noch ist aber nichts spruchreif. Zuerst berichtete die »Süddeutsche Zeitung«.

Vorlage der Satzung

Eine stichprobenartige Abfrage hat ergeben, dass in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen keine ähnlichen Pläne verfolgt werden. Antragsteller für öffentliche Fördergelder im Kulturbetrieb in Niedersachsen wurden bislang aber etwa dazu aufgefordert, ihre Satzung vorzulegen.

Bei Anhaltspunkten für verfassungsfeindliches Verhalten würde keine Förderung genehmigt werden. Zusätzlich dazu gilt in Niedersachsen und Hessen eine Erklärung, Antisemitismus und Rassismus im »öffentlich geförderten Kulturbetrieb zu verhindern«. Die Erklärung gilt seit dem 13. März 2024.

Die Berliner Kulturverwaltung hatte Ende Dezember eine Klausel etablieren wollen, die Empfängerinnen und Empfänger von öffentlichen Fördergeldern unter anderem zum Bekenntnis gegen Antisemitismus verpflichtet hätte.

Jähes Ende

Als Grundlage hatte Kultursenator Joe Chialo (CDU) die Antisemitismus-Definition der International Holocaust Rememberance Alliance (IHRA) genannt. Die Klausel traf auf große Kritik und erfuhr im Januar ein jähes Ende.

Nach den Plänen der Berliner Justizsenatorin solle eine neue Regelung in die Landeshaushaltsordnung (Paragraf 23) aufgenommen werden, die etwa so lautet: »Zuwendungen dürfen nur bewilligt werden, wenn die Zuwendungsempfängerin oder der Zuwendungsempfänger keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt oder unterstützt und keine demokratiefeindlichen, antisemitischen, rassistischen oder sonstigen, menschenverachtenden Inhalte verbreitet.«

Routinegemäße Anwendung

Bei der Prüfung von Anträgen auf staatliche Fördermittel werde dann bei »entsprechenden Anhaltspunkten« bei zuständigen Verfassungsschutzabteilungen angefragt, ob zu den Antragstellern Erkenntnisse vorliegen, dass sie extremistische Bestrebungen verfolgen.

»Wenn der Verfassungsschutz keine Erkenntnisse hat, dann hat er keine«, sagte Badenberg. Nach ihren Vorstellungen sollen die Verfassungsschützer nicht jeden Antragsteller bei Anfrage überprüfen, sondern lediglich vorhandenes Wissen weitergeben.

Dieses Vorgehen soll nach dem Willen der Senatorin nicht nur für den Kulturbereich gelten, sondern generell von allen Ressorts bei der Vergabe von Fördermitteln routinegemäß angewandt werden. »Bislang gibt es keine einheitliche, ressortübergreifende Handhabe dazu«, so Badenberg. dpa

Justiz

Ist der Begriff »Prostitutionslobby« antisemitisch?

Ein Urteil des Landgerichts Berlin sorgt für Gesprächsstoff: Befürworter eines Sexkaufverbots verklagten eine Aktivistin, weil diese sie »strukturell antisemitisch« genannt hatte

von Michael Thaidigsmann  06.03.2025

Washington

Trump droht Hamas: »Das ist die letzte Warnung«

»Ich schicke Israel alles, was es braucht, um die Sache zu Ende zu bringen. Kein einziges Hamas-Mitglied wird sicher sein, wenn Ihr nicht tut, was ich sage«, betont der US-Präsident 

 05.03.2025

Krieg

US-Regierung führt direkte Gespräche mit Hamas

Die Sprecherin des Weißen Hauses bestätigt den Kontakt. Laut der Hamas geht es um amerikanische Geiseln und eine mögliche Vereinbarung zur Beendigung des Gaza-Kriegs

von Luzia Geier  05.03.2025

Reaktionen

Augen auf Berlin

Wie man in Israel und der jüdischen Welt den Ausgang der Bundestagswahl bewertet

von Michael Thaidigsmann  05.03.2025

Debatte

Regierung distanziert sich von Gaza-Aussage des Beauftragten Klein

US-Präsident Trump hat mit Blick auf den Gazastreifen von einer Umsiedlung gesprochen. Der Antisemitismusbeauftragte Klein meint, es lohne sich, über die Pläne nachzudenken. Die Bundesregierung sieht das jedoch anders

 05.03.2025

Glosse

Juden machen stets Probleme

Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Donald Trump im Weißen Haus die Stirn geboten. Zuvor hatte er schon Ärger mit dem Kreml. Komisch, oder?

von Louis Lewitan  05.03.2025

Essay

Geplatzte Hoffnung

Die Ukraine muss sich wohl oder übel auf den Verlust ihres wichtigsten Verbündeten einstellen. Es geht um ihr Überleben

von Vyacheslav Likhachev  05.03.2025

In eigener Sache

Zachor!

Warum es uns wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

 05.03.2025

Bedroht

Letzte Bastionen

Einst gab es in Deutschland eine große israelsolidarische linksradikale Szene. Wo ist sie hin? Eine Spurensuche in Berlin und Leipzig

von Mascha Malburg  05.03.2025