Der umstrittene AfD-Politiker Jens Maier soll nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag im Herbst 2021 nicht wieder als Richter in Sachsen arbeiten. Der Freistaat wehrt sich auf rechtlichem Weg gegen eine Weiterbeschäftigung des als rechtsextrem eingestuften Juristen. Der 60-Jährige werde per Schreiben »mit Wirkung vom 14. März 2022 in den Richterdienst als Amtsrichter am Amtsgericht Dippoldiswalde zurückgeführt«, sagte Justizministerin Katja Meier (Grüne). Damit erfülle man den Rückführungsanspruch, den er als ehemaliger Abgeordneter nach dem Gesetz habe.
Parallel wurde am Dienstgericht für Richter, dem Leipziger Landgericht, ein Antrag auf Versetzung Maiers in den Ruhestand nach Paragraf 31 des Richtergesetzes gestellt. »Zudem habe ich einen Eilantrag beim Dienstgericht für Richter gestellt, Herrn Maier ab dem Zeitpunkt seiner Rückkehr in den Dienst die Führung der Amtsgeschäfte vorläufig zu untersagen«, sagte die Justizministerin.
LANDGERICHT Der Ex-AfD-Bundestagsabgeordnete Maier hat einen Antrag auf Rückkehr in die sächsische Justiz gestellt. Der gebürtige Bremer war zuletzt am Landgericht Dresden als Richter tätig. Er selbst äußert sich nicht, die AfD spricht von »Hexenjagd« und stellt sich hinter ihn. Die mögliche Weiterbeschäftigung Maiers als Richter hatte Unmut und Kritik ausgelöst. Andere Parteien halten ihn für untragbar, das Internationale Auschwitz Komitee und der Zentralrat der Juden drängten darauf, Maiers Rückkehr in die Justiz zu verhindern.
Der Zentralrat der Juden drängten darauf, Maiers Rückkehr in die Justiz zu verhindern.
Gemüß Richtergesetz ist eine Versetzung in den Ruhestand möglich, »wenn Tatsachen außerhalb seiner richterlichen Tätigkeit eine Maßnahme dieser Art zwingend gebieten, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden«. Laut Ministerin Meier wurde er erst zweimal in der deutschen Rechtsprechung angewandt. Dafür müssten bei einer Richterin oder einem Richter wegen ihres oder seines Verhaltens Verfassungstreue, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Integrität in Frage stehen und so die Gefahr einer »Justizkrise« bestehen.
Im Fall Maier ergibt sich das der Ministerin zufolge nicht zuletzt auch aus der öffentlichen Debatte der letzten Wochen und Äußerungen aus Wissenschaft, Richterschaft oder Religionsgemeinschaften. Nach Einschätzung ihres Ministeriums hat sich einhergehend eine »gravierende Erschütterung des Vertrauens« in Sachsens Justiz in der Öffentlichkeit manifestiert. Auch die Einstufung von Maier als rechtsextrem durch Sachsens Verfassungsschutz sei von Bedeutung.
»Die rechtlichen Hürden sind außergewöhnlich hoch. Wir bewegen uns hier in einem absoluten juristischen Neuland«, stellte die Grünen-Politikerin fest. Über diesen Weg blieben zugleich alle anderen Maßnahmen wie ein Disziplinarverfahren möglich.
RICHTERANKLAGE Zudem hat der Landtag die Möglichkeit einer Richteranklage. Damit könnte das Bundesverfassungsgericht angerufen werden, um die Versetzung in ein anderes Amt oder in den Ruhestand zu erreichen oder die Entlassung zu erwirken. Dafür ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament nötig. Die CDU steht der Richteranklage bislang skeptisch gegenüber, die Grünen haben dazu ein Gutachten in Auftrag gegeben.
Der Koalitionspartner SPD kritisierte das Handeln des Ministeriums als voreilig. »Aus unserer Sicht hätten alle Alternativen geprüft werden müssen - und es standen viele im Raum«, sagte Vize-Landtagsfraktionschefin Hanka Kliese, und nannte etwa eine Nichtwiedereinsetzung. Der Vorgriff sei »mehr als bedauerlich«.
Die Neue Richtervereinigung und der Deutsche Richterbund halten eine Richteranklage für geboten. Es sei zu prüfen, »ob das unerträgliche Verhalten Maiers« in seiner Abgeordnetenzeit Grundlage für eine erfolgreiche Richteranklage sein kann, sagte Richterbund-Geschäftsführer Sven Rebehn. »Es wäre ein unerträglicher Zustand und würde das Ansehen der Rechtspflege erheblich beschädigen, wenn ein durch staatliche Behörden als Rechtsextremist eingestufter Politiker in Deutschland Recht sprechen würde.«
Das Internationale Auschwitz Komitee geht laut Mitteilung vom Sonntag davon aus, dass Maier auch als Pensionär »in seinem rechtsextremen Furor das Ansehen der Justiz als dritter Staatsgewalt und den Ruf der Bundesrepublik Deutschland mit öffentlichen Auftritten und Redebeiträgen im rechtsextremen und antisemitischen Milieu weiterhin beschädigen wird«.