Die höchste juristische Instanz Österreichs, der Oberste Gerichtshof, hat ein Urteil des Wiener Strafgerichtshofes gegen den Journalisten Stephan Templ bestätigt. Er war im April 2013 zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe wegen »schweren Betruges« verurteilt worden. Nun muss Templ, der als einer der größten Experten für Restitution in Österreich gilt und auch Autor dieser Zeitung ist, ins Gefängnis, falls er nicht begnadigt wird.
Hintergrund ist ein Restitutionsstreit um ein ehemaliges Sanatorium in Wien, das bis zu seiner »Arisierung« 1938 im Besitz von Templs Familie war. Templ war einer der 39 Antragsteller, die sich beim Staat um die Rückgabe der Immobilie bemüht hatten.
Betrug Templ hatte es dabei unterlassen, in seinem Antrag den Namen seiner ebenfalls antragsberechtigten Tante anzugeben. Daraus drehten ihm die Justizbehörden einen Strick: Er habe den Staat um 550.000 Euro betrogen, die Hälfte des Betrages, den Templs Mutter durch den Verkauf ihres Anteils an der Liegenschaft 2010 erhalten hatte. Hätte, so die Anklage, der die Richter folgten, Templ seine Tante im Antrag angegeben, hätte der Staat diese über ihre Ansprüche informiert – und die hätte dann bestimmt zugunsten des österreichischen Staates verzichtet.
»Das ist absurd«, sagt Templ, »der Staat hat von sich aus keinen der Antragsberechtigten informiert, wieso hätte er das ausgerechnet bei meiner Tante tun sollen?« Die Republik habe sich zu Unrecht als Geschädigte hingestellt. »Geschädigt worden ist allenfalls meine Tante, sonst niemand.«
Er verweist darauf, dass in seinem Fall die Rechtsgleichheit verletzt worden sei: Bei der Verhandlung vor dem Wiener Strafgericht hatte die Richterin zwar eingeräumt, dass andere Antragsteller ebenfalls weitere Anspruchsberechtigte nicht angegeben hatten, doch sei es nur im Fall Templ gegen ihn ausgelegt worden. Auf diesen eklatanten Widerspruch sei der Oberste Gerichtshof aber ebenso wenig eingegangen wie auf andere Argumente, die Templ vorgetragen hatte. Templ ist sich sicher, dass das Urteil vor allem politisch motiviert ist.
Am 4. April hat der in Prag lebende Journalist einen weiteren Gerichtstermin, und zwar vor dem Oberlandesgericht. Dort wird sein Fall allerdings nicht nochmals aufgerollt, sondern der Verurteilte muss angeben, ob er sich schuldig oder nicht schuldig bekennt. Ein Gnadenerlass ist anscheinend zwingend mit einem Schuldbekenntnis verbunden. Dennoch steht Templs Entscheidung schon jetzt fest: »Ich werde mich nicht schuldig bekennen.« Das bedeutet eine Haftstrafe.
Templ setzt nun auf die Öffentlichkeit: Eine Petition prominenter österreichischer Künstler soll ihn unterstützen. Die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek hat schon zugesagt.