Jüdische und zivilgesellschaftliche Organisationen haben anlässlich der geplanten Antisemitismus-Resolution von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP im Deutschen Bundestag eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht. Darin wird der interfraktionelle Antrag gegen Kritik in Schutz genommen und an die Parlamentarier sowie die Bundesregierung appelliert, »zügig die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um jüdisches Leben in der Mitte unserer freien demokratischen Gesellschaft zu schützen«.
Der offene Brief wurde vom jüdischen Verein WerteInitiative angestoßen und mittlerweile von mehr als 20 Organisationen unterschrieben, darunter die Jüdische Studierendenunion Deutschland, das American Jewish Comittee in Berlin, der jüdische Sportdachverband Makkabi Deutschland, die Deutsch-Israelische Gesellschaft und die Amadeu Antonio Stiftung. Zudem haben sich mehrere jüdische Gemeinden, etwa in Berlin, Düsseldorf und Frankfurt am Main, dem Appell angeschlossen.
Irritation über Kritik an der Resolution
Die Unterzeichner sehen »absurde Züge« in der Debatte um die Antisemitismus-Resolution, »in welcher die offene und klare Kommunikation von Bedürfnissen der Betroffenen von Antisemitismus sogar als unredliche Einflussnahme dargestellt wird«. Von jüdischen Vertretern, die den größten Teil der jüdischen Gemeinschaft repräsentierten, sei der interfraktionelle Antrag gegen Antisemitismus positiv aufgenommen worden. In Deutschland habe es nach den Hamas-Massakern in Israel am 7. Oktober 2023 einen »nicht für möglich gehaltenen Ausbruch von Antisemitismus und Gewalt« gegeben. Man beobachte »mit großer Irritation«, dass der Text »von einigen meist bereits seit Jahren in diesem Kontext bekannten Akteuren angegriffen« werde.
Der Vorstandsvorsitzende der WerteInitiative, Elio Adler, sagte der Jüdischen Allgemeinen: »Eine bisher einzigartige Allianz rund um das jüdische Leben in Deutschland hat sich zusammengefunden, um den interfraktionellen Antrag im Bundestag zu unterstützen.« Das sei Ausdruck größter Besorgnis über den Anstieg des Antisemitismus. »Nach unerträglich langen Verhandlungen von mehr als einem Jahr müssen jetzt Maßnahmen auf die Tagesordnung, die unerlässlich sind, um jüdisches Leben in Deutschland zu sichern«, sagte Adler.
Zahlreiche Bedenken gegen Antisemitismus-Antrag
Die Bundestags-Resolution »Nie wieder ist jetzt: Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken«, über die am Donnerstag abgestimmt wird, steht massiv in der Kritik. In zahlreichen Wortmeldungen wird vor allem das in der Resolution enthaltene Bekenntnis zur Antisemitismus-Definition der IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance) sowie die Forderung nach strengeren Antisemitismus-Auflagen für staatliche Förderung problematisiert.
Die SPD-Abgeordnete Nina Scheer erklärte, sie halte Teile der Resolution »sowohl in rechtlicher als auch politischer Hinsicht für falsch und nicht tragbar«, und Canan Bayram von den Grünen sieht darin eine »unzulässige Einschränkung der Meinungsfreiheit«.
Dennoch ist davon auszugehen, dass die Resolution am Donnerstag mit einer großen Mehrheit der Stimmen der Ampel-Parteien sowie der oppositionellen Union im Bundestag verabschiedet wird.