EILMELDUNG! Papst Franziskus ist tot

Berlin

Jüdische Gemeinde veröffentlicht vorläufiges Wahlergebnis

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin Foto: Gregor M. Zielke

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin hat am Sonntagnachmittag auf ihrer Webseite ein »Vorläufiges amtliches Ergebnis der Wahlen zur 20. Repräsentantenversammlung« veröffentlicht. Demnach hat Gideon Joffe 911 Stimmen erhalten, Hannelore Altmann kam auf 881 und Sara Nachama auf 880 Stimmen. Alle gewählten 17 Kandidatinnen und Kandidaten gehören Joffes Wahlbündis »Koach!« an.

Die Abstimmung fand ausschließlich als Briefwahl statt. Die Stimmen wurden laut Ankündigung der Gemeinde seit 10 Uhr vormittags in der Sporthalle im Hof der Oranienburger Straße ausgezählt.

Damit wird die Jüdische Gemeinde zu Berlin auch in Zukunft aller Voraussicht nach vom umstrittenen bisherigen Vorsitzenden Gideon Joffe angeführt. Ein Sprecher der Gemeinde sagte, dass die konstituierende Sitzung der Repräsentantenversammlung voraussichtlich Ende September stattfinden wird. Dabei könnte der neue Vorstand mit Joffe an der Spitze gewählt werden.

RÜCKBLICK Die Abstimmung wurde überschattet von heftigem Streit in der Gemeinde. Die Führung um Joffe (51) hatte im Frühsommer die Wahlordnung geändert und unter anderem eine Altersgrenze von 70 Jahren für Kandidaturen eingeführt.

Gemeindechef Gideon Joffe werden fundamentale Verstöße gegen demokratische Prinzipien vorgeworfen.

Joffes Vorgängerin Lala Süsskind, 77, klagte dagegen erfolgreich vor dem Gericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland, das den Stopp der Wahl forderte. Joffe ging jedoch über das Urteil hinweg.

Diese Woche hatten mehrere Mitglieder der Jüdischen Gemeinde den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner und Kultursenator Joe Chialo um Hilfe gebeten. Die Wahl sei illegal und nach Abschluss der Abstimmung an diesem Sonntag werde es keinen legitimen Vorstand mehr geben, erklärte das Oppositionsbündnis Tikkun.

Tikkun wollte ursprünglich gegen Joffe und seine Unterstützer antreten, zog aber die Kandidaturen aus Protest zurück und rief zum Boykott der Wahl auf. Tikkun hält diese für illegal und verlangt eine Wiederholung. Gideon Joffe und dem Rest der Gemeindeführung werden fundamentale Verstöße gegen demokratische Prinzipien vorgeworfen.

Berlins ehemalige Gemeindechefin Lala Süsskind hat bereits Klage gegen die Wahl angekündigt.

»Was bedeutet das für die Zusammenarbeit mit dem Senat und vor allem unsere Sicherheit?«, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme. »Das ist besonders deshalb relevant, weil die hohen jüdischen Feiertage anstehen, an denen sich Jüdinnen und Juden in den Synagogen Berlins versammeln. Die Ereignisse von Halle haben tiefe Wunden hinterlassen und viele fühlen sich schutzlos.«

UNTERSTÜTZER Süsskind hat bereits Klage angekündigt. Zuletzt standen noch vier Tikkun-Kandidaten zur Wahl, sie erhielten aber alle viel weniger Stimmen als Joffe und seine Unterstützer.

Das Oppositionsbündnis Tikkun hatte diese Woche erklärt: »Wir werden dafür kämpfen, dass die Gemeindemitglieder ihre demokratischen Rechte zurückbekommen und die Wahl wiederholt wird.«

Süsskind war von 2008 bis 2012 Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, bevor Joffe das Amt übernahm. »Die Wahlordnung ist im höchsten Maße diskriminierend«, monierte Süsskind. »Das verstößt gegen das Grundgesetz, da kann der Senat nicht einfach zuschauen.«

Schon 2014 beklagten Mitglieder öffentlich einen autokratischen Führungsstil Joffes.

Ihr Nachfolger Joffe konterte alle Vorwürfe. Die Gemeinde hat nach eigenen Angaben sogar juristische Schritte gegen einzelne Kritiker eingeleitet, denen sie auf ihrer Webseite »Einschüchterung, Bedrängung und Drangsalierung, Gewalt und mediale Attacken« vorwirft.

Schon 2014 beklagten Mitglieder öffentlich einen autokratischen Führungsstil Joffes. Nach dessen Wiederwahl Ende 2015 berichteten Zeugen, am Ende der Auszählung sei überraschend eine unbekannte Urne mit sehr vielen Stimmen für Joffe aufgetaucht, die die Wahl gedreht hätten.

«Nepotismus» Der unterlegene Bewerber Sergey Lagodinsky legte damals Beschwerde wegen Manipulation ein und ließ sich mit den Worten zitieren, es herrsche »ein Zustand der Gesetzlosigkeit, des Nepotismus und Despotismus«. Inzwischen hat der Grünen-Europaabgeordnete sein Engagement in der Gemeinde eingestellt.

Tikkun-Vertreterin Meidler-Waks sagt: »Die Verdachtsmomente im Hinblick auf eine Wahlmanipulation im Jahr 2015 sind meiner Meinung nach bis heute nicht gänzlich aus dem Weg geräumt worden.«

Laut Tikkun ist die Zahl der Gemeindemitglieder von 12.000 auf weniger als 9000 geschrumpft.

Insgesamt gilt für Meidler-Waks: »Die Gemeinde ist in einem traurigen Zustand. Es herrscht eine Atmosphäre geprägt von Angst und Misstrauen.« Laut Tikkun ist die Zahl der Mitglieder von 12.000 auf weniger als 9000 geschrumpft. Damit sei die Gemeinde nicht mehr die größte Deutschlands, sondern das sei jetzt München.

Joffe und die Repräsentanten untergrüben »absichtlich die Einheit jüdischen Lebens in Deutschland«, erklärte das Oppositionsbündnis jüngst. dpa/ja

Reaktionen

»Mit Papst Franziskus ist ein Freund der jüdischen Gemeinschaft von uns gegangen«

Der Zentralrat der Juden würdigt Papst Franziskus, der am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben ist

 21.04.2025

Nachruf

Förderer des katholisch-jüdischen Dialogs, aber auch Kritiker Israels

Papst Franziskus ist am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein langjähriger Gesprächspartner, Rabbiner Jehoschua Ahrens, nimmt Abschied

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  21.04.2025

Vatikan

Papst Franziskus ist tot

Das Oberhaupt der katholischen Kirche starb einen Tag nach dem Ostersegen

 21.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Berlin

Drei Jahre Haft für Mustafa A.

Der Prozess gegen den Angreifer von Lahav Shapira ist am Donnerstag zu Ende gegangen. Das Amtsgericht Tiergarten ging von einem antisemitischen Motiv aus und sprach den Täter der gefährlichen Körperverletzung schuldig

 17.04.2025