Wittenberg

»Judensau« darf hängen bleiben

Seit über 700 Jahren prangt die antisemitische Schmähplastik »Judensau« an der Wittenberger Stadtkirche. Foto: dpa

Die Schmähplastik »Judensau« muss nicht von der Fassade der Wittenberger Stadtkirche entfernt werden. Das Landgericht Dessau-Roßlau wies eine entsprechende Klage am Freitag ab. Eine Berufung ist laut Gericht möglich.

Geklagt hatte Michael Düllmann, ein Mitglied der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Er sieht sich durch die Skulptur in seiner Ehre verletzt. Vertreter der Prozessbeteiligen waren zur Urteilverkündung nicht erschienen.

Das Sandsteinrelief wurde um das Jahr 1300 an der Südfassade der Stadtkirche Wittenberg angebracht.

Strafgesetzbuch Richter Wolfram Pechtold erklärte, es bestehe kein Beseitigungsanspruch seitens des Klägers. Auch liege keine von der evangelischen Gemeinde ausgehende Beleidigung im Sinne des Strafgesetzbuches vor. Das Vorhandensein der Plastik könne nicht als Kundgabe der Nichtachtung oder Missachtung gegenüber in Deutschland lebenden Juden verstanden werden, erklärte der Richter.

Das Sandsteinrelief wurde um das Jahr 1300 an der Südfassade der Stadtkirche Wittenberg angebracht. Es zeigt eine Sau, an deren Zitzen sich Menschen laben, die Juden darstellen sollen. Ein Rabbiner blickt dem Tier unter den Schwanz und in den After. Schweine gelten im Judentum als unrein. Mit solchen Darstellungen sollten Juden im Mittelalter unter anderem davon abgeschreckt werden, sich in der jeweiligen Stadt niederzulassen. Ähnliche Spottplastiken finden sich an mehreren Dutzend weiteren Kirchen in Deutschland.

Relief Die Stadtkirchengemeinde ließ 1988 eine Bodenplatte unterhalb des Reliefs anbringen. Ihre Inschrift nimmt Bezug auf den Völkermord an den Juden im Dritten Reich, die Plastik selbst findet jedoch keine Erwähnung.

Der Wittenberger Stadtrat sprach sich Mitte 2017 für einen Erhalt der Plastik aus. Er wertete die Bodenplatte als Mahnmal und ließ in Absprache mit der Gemeinde eine Stele mit Erklärtexten auf Deutsch und Englisch errichten.

Im Jahr des 500. Jubiläums der Reformation 2017 hatte die Debatte um die Schmähplastik an der Wirkungsstätte von Reformator Martin Luther (1483–1546) erneut an Fahrt aufgenommen. Luther hetzte insbesondere in seinem Spätwerk gegen Juden.  epd

Demoskopie

Abstimmung gegen Antisemitismus?

So wahlentscheidend sind jüdische Themen

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Berlin

KZ-Gedenkstätten: Wählen gehen für die Demokratie

Rutscht die Gesellschaft weiter nach Rechts? Die Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten sieht die Bundestagswahl als Chance, diesen Trend zu stoppen

 20.02.2025

Igor Mitchnik

Europa muss sich hinter die Ukraine stellen

Trump denkt nicht transatlantisch, sondern transaktional

von Igor Mitchnik  20.02.2025

WHO

Polio-Impfkampagne im Gazastreifen geht weiter

Weil das Poliovirus wieder in Abwasserproben nachgewiesen wurde, sollen in Gaza erneut etliche Mädchen und Jungen gegen Kinderlähmung geimpft werden. Start der Kampagne ist bereits in wenigen Tagen.

 19.02.2025

Bundeshaushalt

Deutschland gab Palästinensern in zwei Jahren 913 Mio. Euro

Das ergab eine Anfrage einer FDP-Bundestagsabgeordneten an die Bundesregierung

 19.02.2025

Krieg

Alleingelassen

Vor drei Jahren hat Russland die Ukraine überfallen. Hinter der zaghaften Hilfe des Westens steckt zynisches Kalkül

von Marina Weisband  19.02.2025

KZ-Gedenkstätte Buchenwald

Mehr Gegenstände aus Menschenhaut

Verstörende Erkenntnisse des Kriminalbiologen Mark Benecke im früheren Konzentrationslager

 19.02.2025

Einspruch!

Bis zuletzt

Sophie Albers Ben Chamo ist nicht bereit für die Trauer um Shiri, Ariel und Kfir Bibas

von Sophie Albers Ben Chamo  19.02.2025

Berlin

FU-Hörsaal nach Kontroverse um Albanese besetzt

Nach der Absage einer Podiumsdiskussion mit der umstrittenen UN-Expertin Francesca Albanese musste nun die Polizei in der FU Berlin eingreifen

 19.02.2025