Der BVB Dortmund ist am heutigen Mittwoch Gastgeber der Fachtagung »Antisemitismus und Profifußball: Herausforderungen, Chancen, Netzwerk«. Dabei diskutieren Repräsentanten des Zentralrats der Juden in Deutschland, des World Jewish Congress (WJC) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) darüber, was die großen Klubs mit ihren Millionen Fans zur Bekämpfung von Antisemitismus beitragen können. Auch Vertreter zahlreicher jüdischer Gemeinden und weiterer Profivereine sind mit dabei.
Carsten Cramer, der als Mitgeschäftsführer des BVB den verhinderten Geschäftsführer, Hans-Joachim Watzke, vertrat, sagte in seinem Grußwort, mit dem Wissen um die Bedeutung, Strahlkraft und Wirkung sei der Kampf gegen Antisemitismus beim BVB gelebte Überzeugung. »Wir sind mehr als ein Fußballverein. Antisemitismus ist mehr als je eine Gefahr im Hier und Heute.« Der Verein engagiere sich seit Jahren bei diesem Thema und habe als erster Klub in Deutschland auch die Arbeitsdefinition Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) übernommen.
BEDROHUNG Für DFL-Vorstand Ansgar Schwenken ist die Fachtag ein wichtiger Schritt für den DFL und den Fußball in Deutschland, denn es gelte: »Antisemitismus ist und bleibt eine wachsende Bedrohung – für die Jüdinnen und Juden in Deutschland und für unser demokratisches Gemeinwesen.«
Maram Stern, der geschäftsführende Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses, hält die Fachtagung für ein wichtiges Signal. Der Kampf gegen Antisemitismus werde nicht nur durch Worte entschieden. Es brauche mehr Taten, auch rund um den Fußball: »Das enge Verhältnis der Fans zu den Vereinen ist eine Riesenchance im Kampf gegen den Antisemitismus.«
Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, bekannte sich gleich zu Anfang seines Grußwortes als Borussia-Fan: »Mein Herz gehört dem BVB.« Er hätte sich gefreut, wenn der Termin der Fachtagung mit einem Spiel zusammengefallen wäre.
»Wenn wir stärkere Verbindungen schaffen zwischen dem Profi-Fußball und seinen Fans mit jüdischen Gemeinden und Organisationen, ist das eine Win-win-Situation.«
Zentralratspräsident Josef Schuster
Dann kam er zu dem ernsteren Thema der Fachtagung: Viele täten sich schwer damit, das Phänomen Antisemitismus richtig einzuordnen. Die Vereine der Bundesliga hätten das erkannt und seien aktiv geworden. »Es gibt eine Fülle von Initiativen, vor allem für die Erinnerung an Sportler, die in der Nazi-Zeit ausgeschlossen wurden oder in der Schoa ermordet wurden. Mit unserem heutigen Fachtag schlagen wir eine weitere Richtung ein: stärker in die Gegenwart.«
Von solchen Initiativen sowie von der Fachtagung erhoffe er sich langfristige Effekte, die für alle Beteiligten Vorteile bringen: »Wenn wir also stärkere Verbindungen schaffen zwischen dem Profi-Fußball und seinen Fans mit jüdischen Gemeinden und Organisationen, ist das eine Win-win-Situation.«
VERBÜNDETE Der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, sagte zu Beginn der Tagung, man könne sich im Kampf gegen Antisemitismus keine besseren Verbündeten als Borussia Dortmund, den Zentralrat, den WJC und die DFL wünschen. Bewegt erinnerte er an Boris Romantschenko, der am 18. März in Charkiw getötet wurde: »Er hat Buchenwald und Peenemünde überlebt. Dass er jetzt den Raketen eines neuen Angriffskrieges zum Opfer gefallen ist, macht mich sprachlos.«
Mahmut Özdemir (SPD), aus Duisburg stammender Staatssekretär im Bundesinnenministerium, hieß die Teilnehmer der Fachtagung im Ruhrgebiet willkommen: »Für uns als Ruhris ist es ein Privileg, eine Veranstaltung des WJC empfangen zu dürfen.« Özdemir versicherte, dass der Kampf gegen Rechtsradikalismus und Antisemitismus im Zentrum der Arbeit des Innenministeriums stehe. Man setze dabei auf eine Mischung aus Repression und Prävention.
Den Grußworten schlossen sich Seminare und Vorträge an. Die Veranstaltung im Stadion des BVB wird bis zum frühen Abend gehen.
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