Rias

Judenfeindlichkeit ist massiv gestiegen

Polizisten stehen nach dem Brandanschlag auf die jüdische Gemeinde Kahal Adass Jisroel vor der Synagoge in Berlin. Foto: picture alliance/dpa

Jüdinnen und Juden in Deutschland fühlen sich in ihrem Alltag zunehmend bedroht. Das berichtet der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias). Seit dem Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel am 7. Oktober beobachte man bundesweit ein stark gestiegenes Meldeaufkommen judenfeindlicher Vorfälle, sagte ein Sprecher am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Daniel Poensgen, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Rias, hatte zuvor im ZDF-Morgenmagazin berichtet, alleine in der ersten Woche bis zum 15. Oktober seien 202 antisemitische Vorfälle registriert und auch verifiziert worden - mehr als dreimal so viele wie im selben Zeitraum des Vorjahres. Die weiteren Zahlen aus den Wochen danach seien bisher noch nicht komplett ausgewertet, fügte der Sprecher hinzu.

Nach Angaben des SWR (»Report Mainz«, Dienstagabend) berichtet das Bundeskriminalamt (BKA) von deutschlandweit inzwischen rund 2.000 Straftaten mit Bezug zum Nahost-Konflikt. Dabei handele es sich vor allem um Sachbeschädigungen, Volksverhetzung, Widerstandsdelikte, Landfriedensbruch und Körperverletzungen.

Der Leiter des Berliner Verfassungsschutzes, Michael Fischer, warnte im SWR vor einer Radikalisierung. Denn Islamisten versuchten, die Lage in Nahost für ihre Propaganda auszunutzen. Es gebe die Gefahr, dass bisher nicht extremistisch orientierte Muslime durch diese Ideologie erreicht und für juden- und verfassungsfeindliche Positionen radikalisiert werden könnten.

Rias zähle anders als die Behörden und registriere auch Fälle unterhalb der Strafbarkeit, ergänzte Poensgen im ZDF. Im Alltag beobachte man etwa Anfeindungen am Arbeitsplatz, aber auch Markierungen an Wohnungen und Häusern, in denen Juden leben. Dies führe zu einem »großen Bedrohungspotenzial in jüdischen Communities«. Auch über Soziale Medien erhielten Jüdinnen und Juden immer wieder Drohungen wie »Schade, dass Hitler vergessen hat, Dich zu vergasen.«

Einen besonders starken Anstieg bei den registrierten Fällen gebe es vor allem im Bereich des israelfeindlichen Aktivismus - etwa aus dem Umfeld von Israel-Boykott-Bewegungen wie BDS - sowie aus islamistischen Kreisen und aus der radikalen Linken.

Angesprochen auf Zahlen des Bundeskriminalamts BKA, wonach etwa 82 Prozent der judenfeindlichen Taten aus dem rechtsextremen Bereich kämen, erklärte Poensgen, auch Rias teile weiter die Einschätzung, dass sehr viele Vorfälle diesem Hintergrund zuzuordnen seien sowie dem Bereich der Verschwörungsideologien. Allerdings gebe es auch das Problem, dass bisher alles automatisch dem Bereich Rechtsextremismus zugeordnet werde, wenn die Hintergründe unklar seien. Diese Zuordnungspraxis müsse beendet werden, forderte der Rias-Experte. Stattdessen müssten Polizei und Behörden die Taten genauer auswerten.

Auf die Frage nach der Grenze, wo berechtigte Kritik an Israel und seiner Politik ende und Antisemitismus beginne, sagte Poensgen: »Wenn Israel insgesamt delegitimiert wird, wenn also das Existenzrecht des Staates verneint wird, wenn klassische antisemitische Stereotype einfach auf Israel übertragen werden und wenn Israel in einer dämonisierenden Art und Weise beschrieben wird, dann haben wir es mit israelbezogenem Antisemitismus zu tun.« kna

Hinweis: Ursprünglich berichtete die KNA, die Zahl der antisemitischen Vorfälle habe sich verdreifacht. Dies wurde korrigiert.

München

Bayerns Ministerpräsident Söder übt scharfe Kritik am Haftbefehl gegen Israels Premier Netanjahu

»Das Gericht hat sich massiv selbst beschädigt«, betont der CSU-Politiker - und gab eine klare Antwort auf die Frage, ob Netanjahu auf deutschem Boden verhaftet werden sollte

 24.11.2024

Gemeinden

Blick auf ein besonderes Jahr

Die Ratsversammlung des Zentralrats der Juden tagte in München. Für große Begeisterung im Saal sorgte die Rede des Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder

von Katrin Richter  24.11.2024

Vereinte Arabische Emirate

Chabad-Rabbiner in Dubai vermisst

Berichten zufolge könnte der Rabbiner durch den Iran entführt oder ermordet worden sein

 24.11.2024

Kriminalität

»Schwachkopf«-Post zu Habeck: Jetzt melden sich die Ermittler zu Wort

Ein Mann soll Wirtschaftsminister Habeck im Netz beleidigt haben. Dass dann die Polizei zu Besuch kam, sorgte nicht nur im Umfeld des Vizekanzlers für Verwunderung. Die Ermittler liefern Erklärungen

von Frederick Mersi  22.11.2024

Antisemitismus

Polizei sucht nach Tatverdächtigem vom Holocaust-Mahnmal

Der Mann soll einen volksverhetzenden Text in das dortige Gästebuch geschrieben haben

 22.11.2024

Debatte

Theologen werfen Papst einseitige Sicht auf Nahost-Konflikt vor

Ein Schreiben von Papst Franziskus zum Nahost-Krieg enthalte einen »blinden Fleck im Denken«

 22.11.2024

Debatte

CDU-Ministerpräsident verurteilt Haftbefehl gegen Netanjahu

»Völlig ausgeschlossen, dass ein demokratisch gewählter Ministerpräsident aus Israel auf deutschem Boden verhaftet wird, weil er sein Land gegen Terroristen verteidigt«

 22.11.2024

CDU/CSU

Unionspolitiker: Verhaftung von Netanjahu auf deutschem Boden »unvorstellbar«

Die größte Oppositionsfraktion kritisiert die fehlende Haltung der Bundesregierung

 22.11.2024

Den Haag

Der Bankrott des Internationalen Strafgerichtshofs

Dem ICC und Chefankläger Karim Khan sind im politischen und juristischen Kampf gegen Israel jedes Mittel recht - selbst wenn es unrecht ist. Ein Kommentar

von Daniel Neumann  22.11.2024