Die Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD) hat den Rücktritt von TU-Präsidentin Geraldine Rauch gefordert. »Nach den vielen Fehleinschätzungen, der Benennung eines umstrittenen Antisemitismusbeauftragten ohne Absprache mit jüdischen Organisationen und den Likes für Judenhass muss Frau Rauch endlich Verantwortung übernehmen und zurücktreten«, teilte der JSUD mit.
Die Präsidentin der Technischen Universität Berlin war in die Kritik geraten, nachdem sie mehrere antisemitische Tweets auf der Plattform X geliked hatte. Darunter war auch die Forderung nach einem Waffenstillstand im Gazastreifen - allerdings versehen mit einem Foto, auf dem Demonstranten ein mit Hakenkreuzen beschmiertes Bild von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hochhalten.
Einen Tag nach den antisemitischen Protesten an der TU Berlin teilte Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) auf X ein Interview mit der Jüdischen Allgemeinen, in dem sie fordert, dass Antisemitismus und Israelhass an Hochschulen keinen Platz haben dürfen.
Ein Nutzer kommentierte darunter: »Es gibt ein kleines Problem, Frau Ministerin: Wie argumentieren wir den Völkermord im Gaza (sic!), dem u.a. schon über 13.000 Kinder zum Opfer gefallen sind?« Auch diesen Kommentar versah die TU-Präsidentin mit einem Like.
Doch nicht nur bei antisemitischen Tweets setzte Geraldine Rauch ein »Gefällt mir«. Als der JSUD die Ernennung von Uffa Jensen zum Antisemitismusbeauftragten der Technischen Universität auf X kritisierte, weil er Antisemitismus relativiert habe, bezeichnete ein Nutzer diese Kritik als »Verleumdung«. Die TU-Präsidentin gab auch diesem Tweet einen Like, obwohl sie zuvor beteuert hatte, ein Ohr für jüdische Studenten haben zu wollen.
Geraldine Rauch gesteht Fehler ein
Nachdem die Jüdische Allgemeine und andere Medien berichtet hatten, ging Geraldine Rauch auf Tauchstation. Trotz mehrerer Anfragen erklärte die TU-Präsidentin ihre Absicht hinter den Likes nicht. Ihr X-Account wurde in der Zwischenzeit gelöscht. Erst als fast 24 Stunden später auch Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) eine öffentliche Erklärung forderte, brach Rauch ihr Schweigen.
»Ich habe auf der Plattform X einige Tweets ›geliked‹, welche die Situation in Gaza und Rafah aufgreifen, die aber antisemitischen Inhalts oder Ursprungs sind. Von den antisemitischen Inhalten oder Autor*innen der Tweets möchte ich mich klar distanzieren«, erklärte Geraldine Rauch am Mittwochnachmittag in einer Pressemitteilung.
Geraldine Rauch will das Bild mit den Hakenkreuz-Schmierereien nicht gesehen haben. »Insbesondere habe ich einen Tweet wegen seines Textes geliked und habe das darunter gepostete Bild zum Zeitpunkt des Likes tatsächlich nicht genauer betrachtet – für mich stand das schriftliche Statement mit dem Wunsch für einen Waffenstillstand im Vordergrund«, teilte sie mit.
Dann räumt die Uni-Präsidenten einen Fehler ein: »Ich möchte ganz ausdrücklich betonen, dass ich den Tweet nicht geliked hätte, wenn ich die antisemitische Bildsprache aktiv wahrgenommen hätte oder wenn ich mich mit dem Account des Verfassers beschäftigt hätte. Dies war ein Fehler, für den ich mich aufrichtig entschuldigen möchte, da dieses Bild Symbole nutzt und Gleichsetzungen verwendet, die ich mir nicht zu eigen mache und die ich entschieden ablehne.«
Geraldine Rauch wolle sich »besonders bei den Mitgliedern der TU Berlin« entschuldigen. »Die mir gemachten Vorwürfe nehme ich ernst und war in deren Folge im Austausch mit Antisemitismusforscher*innen und jüdischen Menschen«, beteuert sie.
RCDS bezeichnet Statement als »fadenscheinige Entschuldigung«
Auch der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) ist vom Statement der TU-Präsidentin nicht überzeugt. »Das ist in unseren Augen eine fadenscheinige Entschuldigung einer Professorin, die bereits durch ihre politischen Umtriebe aufgefallen ist. Ihre Likes passen eher zur Agenda als ihre Entschuldigung«, sagte der RCDS-Vorsitzende Lukas Honemann zur Jüdischen Allgemeinen. »Interessant ist, dass sie sich bei den Mitgliedern entschuldigt und nicht explizit bei Jüdinnen und Juden. Geraldine Rauch sollte ihre Machtposition nicht ausnutzen, um Politik zu betreiben.«
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Marlene Schönberger fordert von Rauch hingegen, sich mit antisemitismuskritischer Bildungsarbeit zu befassen: »Es ist wichtig, dass wir eine Kultur entwickeln, in der Fehler offen eingestanden werden können. Gleichermaßen reicht eine solche Erklärung nicht aus, es müssen weitere konkrete Schritte folgen. Dass die Präsidentin selbst antisemitische Narrative gelikt und damit verbreitet hat, sollte sie zum Anlass nehmen, um antisemitismuskritische Bildungsarbeit im gesamten Raum der Technischen Universität fest zu verankern – für Studierende genauso wie für das Lehrpersonal.«