Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, ist »empört« über den Freispruch des umstrittenen Mediziners Sucharit Bhakdi durch das Amtsgericht Plön. Er bezeichnete das Urteil als »skandalös«.
Die Generalstaatsanwaltschaft hatte Bhakdi Volksverhetzung in zwei Fällen vorgeworfen. Demnach sollte er im April 2021 im Zusammenhang mit heftiger Kritik an der Impfpolitik Israels auch gegenüber in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden zu Hass aufgestachelt und diese als religiöse Gruppe böswillig verächtlich gemacht haben.
Bhakdi hatte damals gesagt: »Das Volk, das geflüchtet ist aus diesem Land, aus diesem Land, wo das Erzböse war, und haben ihr Land gefunden, haben ihr eigenes Land verwandelt in etwas, was noch schlimmer ist, als Deutschland war. (…) Das ist das Schlimme an den Juden: Sie lernen gut. Es gibt kein Volk, das besser lernt als sie. Aber sie haben das Böse jetzt gelernt – und umgesetzt. Und deswegen ist Israel jetzt living hell - die lebende Hölle.«
Querdenker Der pensionierte Professor für Mikrobiologie gilt als Ikone der »Querdenker«-Bewegung. In seinen Bestseller-Büchern zur Pandemie, in Interviews und Reden verbreitete er mehrfach Falschinformationen über die Corona-Pandemie.
Der Richter am Amtsgericht Plön folgte der Argumentation der Staatsanwaltschaft jedoch nicht und sprach Bhakdi in beiden Anklagepunkten frei. Es müssten auch andere Deutungen berücksichtigt werden. Es sei nicht vollständig auszuschließen, dass Bhakdi mit seinen Äußerungen nur die israelische Regierung und nicht das jüdische Volk gemeint habe.
Der Zentralratspräsident wies diese Begründung mit scharfen Worten zurück. Wörtlich erklärte Josef Schuster: »Das Gericht legitimiert hier reinen Antisemitismus. Mit der Auslegung des Begriffes ›Volk der Juden‹ als vermeintlicher Kritik an der israelischen Regierung folgt es dem Narrativ, welches jeden Juden, überall, für die Aktivitäten des Staates Israel verantwortlich macht. Dies ist eine Haltung, die man von BDS-Aktivisten kennt. Sie von einem deutschen Gericht als Argumentationsgrundlage zu hören, ist nicht weniger als skandalös.«
Präzisierung Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, regte eine Präzisierung der strafrechtlichen Bestimmungen an. An Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) gewandt, schrieb Beck auf Twitter: »Das Urteil zu #Bhakdi war womöglich richtig. Die Rechtslage ist es nicht. Es braucht eine Korrektur.« Volksverhetzung gegen Menschengruppen im Ausland straflos zu lassen, vergifte das Klima.
Die Generalstaatsanwaltschaft teilte der Jüdischen Allgemeinen auf Anfrage mit, man werde das Urteil nicht hinnehmen. »Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein teilt die rechtliche Ein-schätzung des Amtsgerichts nicht. Sie wird gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen und die Entscheidung hinsichtlich beider Anklagepunkte anfechten« erklärte die Behörde in Schleswig. Infrage kommt sowohl eine Berufung, bei der das Verfahren vor dem Landgericht Kiel neu verhandelt würde, als auch die Revision vor dem Oberlandesgericht, bei der nur mögliche rechtliche Fehler überprüft werden würden. mth/dpa