Zentralratspräsident Josef Schuster hat bei der Jahrestagung des Internistenkongresses in Mannheim die Auseinandersetzung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) mit ihrer Vergangenheit in der NS-Zeit begrüßt.
Die wissenschaftliche Rückschau auf die Geschichte einer medizinischen Fachgesellschaft sei gerade in einer Zeit bedeutsam, »in der das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft, aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen neu infrage gestellt ist«, sagte Schuster bei der Eröffnung am Sonntag.
Signal Bei dem Kongress werden die Ausstellung »Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin in der NS-Zeit«, ein Film und eine Kunstinstallation zum Thema gezeigt. Schuster sagte, auch die Schaffung der Leopold-Lichtig-Medaille sei ein wichtiges Signal. Mit diesem Preis ehrt die DGIM Verdienste für die Innere Medizin und erinnert zugleich an die verfolgten jüdischen Ärzte.
Der Zentratspräsident, der in Würzburg als Internist praktiziert, erinnerte in seinem Grußwort daran, dass jüdischen Ärzten in Deutschland ab 1933 systematisch die Existenzgrundlage entzogen wurde. 1938 erhielten sie ein endgültiges Berufsverbot.
Der Nationalsozialismus sei für die deutsche Ärzteschaft ein »rabenschwarzes Thema«. Die Aufarbeitung sei erst wirklich gewagt worden, »als die Generation der Ärzte, die in die NS-Verbrechen verwickelt war, quasi abgetreten war«, sagte Schuster.
Nur wer wisse, zu welchen Taten ein Mensch imstande ist und wie ethische Standards völlig entgleiten können, entwickle eine ausreichende Sensibilität für die Bedeutung medizinischer Ethik. Daher sei es unerlässlich, dass dieser Bereich »einen wichtigen Bestandteil der Ausbildung ausmacht«, forderte Schuster.
diskriminierung Ferner sagte er: »Wer sich damit beschäftigt, wie 1933 jüdische Ärzte diskriminiert und verdrängt wurden, wird sich fragen: Wie gehe ich heute mit jüdischen oder muslimischen Kollegen um? Interessiert mich ihre Kultur überhaupt? Wenn der andere gleichgültig ist, lässt es sich bei Diskriminierung viel leichter wegschauen.«
Gerade in diesen Zeiten, angesichts einer wachsenden Bedrohung durch islamistische Terroristen, sei es wichtig, aktiv aufeinander zuzugehen. Er selbst übernehme häufig an Weihnachten oder Ostern Notarztdienste, sagte Schuster.
Umgekehrt wünsche er sich, dass Ärzte auch den muslimischen Kollegen im Ramadan ein paar anstrengende Dienste abnähmen – oder im Herbst an Jom Kippur für den jüdischen Kollegen einsprängen: »Oft genügen kleine Gesten, damit sich jeder willkommen fühlt.« ja