Meinung

Jiddisch ist cool

Zurück zu den Wurzeln» ist das Motto der diesjährigen Jewrovision. Dieses Motto kommt allerdings in englischer Sprache daher: «Back to the Roots». Eine andere deutsch-jüdische Veranstaltung nannte sich «Jews in the City». Ein Fall von grassierendem Anglizismus, wie ihn Sprachschützer immer wieder beklagen?

So einfach ist es im jüdischen Fall nicht. Amerikanisches Englisch ist die Sprache einer selbstbewussten Minderheit in der Galut, die von vielen, vor allem jungen Juden hierzulande bewundert und vielleicht auch ein wenig beneidet wird. Was in den USA, der größten Kehille der Welt, angesagt ist, setzt sich deshalb auch hier durch.

Muttersprache Diese Woche wurde der von der UNESCO ausgerufene «Internationale Tag der Muttersprache» begangen. Da stellt sich die Frage, was denn die jüdische Muttersprache ist. Das Hebräisch der Bibel ist die Sprache unserer Religion, Iwrit die Israels, des jüdischen Staates. Deutsch sprechen wir im Alltag, zu Hause mit den Eltern oft Russisch.

Und da ist auch noch Jiddisch. Viele der älteren Zuwanderer kennen noch die «Mameloschn». Sie wissen, was «a gonnif» ist oder dass man zu einem Kind «schejne Punim» sagen kann. Ihre «Ejnekelech» nicht mehr. Sie schauen nach vorn. «Forwerts». Fortschritt ist Englisch in der Welt «drojsn». Jiddisch steht für Nostalgie, für Rückschritt.

Es war die Sprache der Opfer, einer untergegangenen Welt. Und in Deutschland ist es oft Teil einer volkstümelnden Pseudokultur von nichtjüdischen Klezmerformationen. Vor 70 Jahren sprachen elf Millionen Menschen Jiddisch. Es prägte die Kultur in Polen, Russland und weiten Teilen Ostmitteleuropas. Heute ist Jiddisch nur noch das Idiom charedischer Gemeinden in Bnei Brak oder Crown Heights.

Doch langsam kehrt die Mameloschn wieder zurück in den Alltag gerade junger Juden – ausgerechnet über die coolen amerikanischen Glaubensgenossen. «Be a real mentsch», wird man in Amerika aufgefordert, man trifft sich «to schmooze», die Großmutter heißt «Bubbe». Nicht nur Juden reden so, auch gojische Amerikaner verwenden wie selbstverständlich jiddische Ausdrücke. Die uralte, so oft totgesagte Mameloschn wird nicht «schtarbn», sie lebt und gedeiht. Jiddisch ist cool. Vielleicht wird zur nächsten Jewrovision nicht mehr auf Englisch eingeladen, sondern gut jiddisch zu einer «jugntfarsamlung» unter dem Motto «Lomir ale singen».

Erfurt

CDU, BSW und SPD legen in Thüringen Koalitionsvertrag vor

Wegen der Außenpolitik des BSW ist das Bündnis umstritten

 22.11.2024

Antisemitismus

Polizei sucht nach Tatverdächtigem vom Holocaust-Mahnmal

Der Mann soll einen volksverhetzenden Text in das dortige Gästebuch geschrieben haben

 22.11.2024

Debatte

Theologen werfen Papst einseitige Sicht auf Nahost-Konflikt vor

Ein Schreiben von Papst Franziskus zum Nahost-Krieg enthalte einen »blinden Fleck im Denken«

 22.11.2024

Hessen

Boris Rhein verurteilt Haftbefehl gegen Netanjahu

Der israelische Premier verteidige »sein Land gegen Terroristen«, so Rhein

 22.11.2024

CDU/CSU

Unionspolitiker: Verhaftung von Netanjahu auf deutschem Boden »unvorstellbar«

Die größte Oppositionsfraktion kritisiert die fehlende Haltung der Bundesregierung

 22.11.2024

Den Haag

Der Bankrott des Internationalen Strafgerichtshofs

Dem ICC und Chefankläger Karim Khan sind im politischen und juristischen Kampf gegen Israel jedes Mittel recht - selbst wenn es unrecht ist. Ein Kommentar

von Daniel Neumann  22.11.2024

Internationaler Strafgerichtshof

»Halten uns an Recht und Gesetz«: Jetzt äußert sich die Bundesregierung

Außenministerin Annalena Baerbock will aber noch genauer prüfen, was der Entscheid des IStGH bedeutet

 22.11.2024

Budapest

Orbán: »Werde Netanjahu nach Ungarn einladen«

Regierungschef Viktor Orbán will seinen israelischen Amtskollegen trotz des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofes weiter empfangen

 22.11.2024

Atomprogramm

Iran kündigt Ausbau der Urananreicherung an

Der Atomstreit mit dem Iran geht in eine neue Runde

 22.11.2024