Am Wittenbergplatz staunten die Passanten nicht schlecht, als sie Israel-Fahnen sahen und auf Hebräisch gesungene Lieder hörten. In Straßencafés sitzende Berliner blickten auf, als der erst gestern gewählte Regierende Bürgermeister Berlins, Kai Wegner (CDU), erschien und zu den Besuchern des diesjährigen Israeltages sprach. Es war sein erster Termin im neuen Amt.
Gastgeber Jochen Feilcke, der Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin und Brandenburg (DIG), begrüßte »die Nummer Eins und die Nummer Zwei Berlins«. Neben Wegner erschien nämlich auch Cornelia Seibeld (CDU), die Präsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses.
Umsetzung der Vision »Ich freue mich sehr, dass ich gleich am zweiten Tag der Amtszeit als Regierender Bürgermeister bei ihnen sein darf«, so Kai Wegner. Er sprach über die Gründung Israels vor 75 Jahren und die Umsetzung der Vision David Ben-Gurions.
»Ich glaube, es ist höchste Zeit.«
Kai WEegner über eine Städtepartnerschaft Berlins mit Tel Aviv
Wegner erinnerte auch an das Schicksal der während des Holocaust von den Deutschen ermordeten Juden. »Wir verbinden diesen glücklichen Tag auch mit der schmerzlichen Erinnerung an den Verlust von Millionen kostbaren Menschenleben - und auch mit der Verpflichtung, alles zu tun, damit Jüdinnen und Juden in unserem Land sicher leben können - ebenso wie auch die Sicherheit Israels für uns nicht verhandelbar ist.«
»Die tiefe Freundschaft zwischen Israel und Deutschland«, so Wegner weiter, »ist für uns ein großes Geschenk. Und sie zeigt sich auch hier in Berlin, in so vielen Facetten und Farben, in den Partnerschaften unserer Bezirke mit israelischen Städten, in den Schulpartnerschaften, dem Jugendaustausch und den Hochschulkooperationen, sowie in den vielen Begegnungen in den Bereichen Wirtschaft, Sport und Kultur.«
Partnerschaft mit Tel Aviv Der Regierende Bürgermeister kündigte an, eine seiner ersten Dienstreisen werde ihn hoffentlich noch in diesem Jahr nach Israel führen. Jerusalem und Tel Aviv möchte er besuchen.
Noch lieber hörten die Anwesenden Zuhörer, was er noch zu sagen hatte: »Ich freue mich darüber, dass es uns gelungen ist, im Koalitionsvertrag des neuen Senats festzuhalten, dass wir endlich auch eine Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Tel Aviv anstreben, meine Damen und Herren. Ich glaube, es ist höchste Zeit.« Der neue »Regierende«, wie die Berliner sagen, erntete vor allem auch an dieser Stelle Applaus.
Cornelia Seibeld hatte zuvor erklärt, es sei kein Zufall, dass Wegner und sie zum Israeltag gekommen seien. Es gehe um »Wertschätzung gegenüber dem Staat Israel.« Die Solidarität Berlins gelte aufgrund des russischen Angriffskrieges der Ukraine, »aber eben auch dem Staat Israel und den dort lebenden Menschen.«
Die Aussöhnung »mit uns Deutschen in den letzten Jahrzehnten« lasse sich nur als großes Geschenk bezeichnen, erklärte Seibeld. Sie sei auf keinen Fall eine Selbstverständlichkeit.
Jochen Feilcke sagte zur Begrüßung: »Ich freue mich, dass wir heute den Geburtstag Israels feiern dürfen, eines Landes, das aus einer Wüste eine Oase gemacht hat, das die einzige Demokratie im Nahen und Mittleren Osten ist, trotz aller - oder vielleicht sogar wegen - aller Turbulenzen, die es im Staate Israel zurzeit gibt«, so der Berliner DIG-Vorsitzende. »In welchem anderen Staat des Nahen Ostens könnte man sich solche Demonstrationen überhaupt nur vorstellen, ohne dass das Militär eingriffe?«
Selbstbestimmung Zu den Rednern beim Israeltag gehörte auch Aaron Sagui, der Gesandte Israels. Er sagte, der Geburtstag Israels bedeute, dass Juden seit 75 Jahren endlich wieder selbstbestimmt in ihrer Jahrtausende alten Heimat leben können.
Für die Jüdische Gemeinde in Berlin erklärte deren Vorsitzender Gideon Joffe, er habe ein Geständnis zu machen: »Ich liebe Berlin! Ich liebe Deutschland! In wie vielen Ländern dieser Welt können wir in der Mitte einer Stadt stehen und sagen: ›Ich liebe Israel‹?«
Nach den Reden begaben sich auch die prominenten Gäste auf einen Rundgang. Abgesehen von der DIG und der Berliner Landeszentrale für politische Bildung, den Veranstaltern des Israeltages, war unter anderem die Initiative Mitzvah vertreten, die humanitäre Projekte organisiert, sowie die Deutsche Technion-Gesellschaft, die sich um den Austausch junger Wissenschaftler zwischen der Bundesrepublik und Israel sowie die Förderung von Forschungsvorhaben kümmert.
Kulinarischer Aspekt Neben von Behinderten hergestelltem Kunsthandwerk und Kerzen kam der kulinarische Aspekt ebensowenig zu kurz. Zwei jüdische Restaurants, nämlich »Masel Topf« und »Feinberg’s«, boten großartige Leckereien an, von Falafel über Hummus bis hin zu Baklava.
Sicherheit wurde großgeschrieben. Die Berliner Polizei war gut vertreten, ebenso wie auffällig unauffällige Sicherheitsbeamte, die den »Regierenden« und die Prominenz bewachten.
Kinder hatten gute Spielgelegenheiten. Viele Erwachsene fühlten sich eher von den inhaltlichen Angeboten angesprochen. In Talkrunden ging es um die Vielfältigkeit Israels, um junges Engagement für den jüdischen Staat und die Einzigartigkeit der deutsch-israelischen Beziehungen. Tanz und Musik trugen zu einer durchweg feierlichen Atmosphäre bei.