Nahost

Israels Schreckensszenario?

Chinas Außenminister Wang Yi (M.) mit dem saudischen Staatsminister Musaid Al Aiban (l.) und dem Anführer der iranischen Delegation, Admiral Ali Shamkhani, vergangenen Freitag in Peking Foto: picture alliance / Xinhua News Agency

Seit Jahren hielt sich das Gerücht, der nächste Kandidat für die Abraham-Abkommen zur Normalisierung der Verbindungen mit Israel sei Saudi-Arabien. »Annäherung« lautete das Motto. Doch jüngst wurde die Hoffnung Jerusalems, eine gemeinsame Achse gegen die Bedrohung des Iran mit weiteren arabischen Staaten zu bilden, jäh zerstört. Mithilfe von Chinas Vermittlung unterzeichneten Riad und Teheran ein Abkommen, das ihre diplomatischen Beziehungen wiederherstellen soll.

Saudi-Arabien und der Iran hatten im Jahr 2016 jeglichen Kontakt abgebrochen, nachdem iranische Demonstranten nach der Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen in Saudi-Arabien die saudische Botschaft in Teheran gestürmt hatten. Seitdem wurde der geopolitische und wirtschaftliche Konflikt in verschärfter Weise ausgetragen, zusätzlich angefacht durch religiöse Differenzen. Der Iran ist weitgehend schiitisch, während sich Saudi-Arabien als führende sunnitische Macht sieht.

Sorge Und jetzt die Versöhnung. Für Israel ist die erneute Freundschaft ein Schreckensszenario und löst große Sorge aus. Das Regime in Teheran gilt als Erzfeind, das dauernd und offen den Wunsch nach Israels Zerstörung wiederholt. Premierminister Benjamin Netanjahu, der stets betont hatte, dass er die Saudis als Teil eines regionalen Bündnisses gegen den Iran an Bord holen wolle, beschuldigte die vorangegangene Koalition, das Abkommen de facto zugelassen zu haben. Oppositionsführer Yair Lapid konterte, es stelle »ein totales und gefährliches außenpolitisches Versagen der jetzigen israelischen Regierung« dar.

Politikexperten sehen das Abkommen auch als Schlag gegen die US-Regierung von Präsident Joe Biden.

Doch der Deal hat wahrscheinlich wenig mit Israel zu tun, sondern mehr mit den Absichten der beiden Unterzeichner – und dem Vermittler – in der Region. Zuvor hatte das »Wall Street Journal« berichtet, dass Saudi-Arabien um US-Sicherheitsgarantien und Unterstützung beim Aufbau seines zivilen Nuklearprogramms gebeten habe. Dies sollte angeblich Bedingung für die Normalisierung der Beziehungen mit Israel sein. Der US-Kongress blockierte derartige Hilfen jedoch. Nun ist offenbar China eingesprungen. Bereits vor sechs Jahren hatten Riad und Peking ein Memorandum zum Bau von Atomreaktoren unterzeichnet, das jetzt in die Tat umgesetzt werden könnte.

Politikexperten sehen das Abkommen auch als Schlag gegen die US-Regierung von Präsident Joe Biden. Deren Pressesprecherin im Weißen Haus, Karine Jean-Pierre, sagte: »Die USA begrüßen jede Anstrengung, den Krieg im Jemen zu beenden und die Spannungen im Nahen Osten zu deeskalieren.« Gleichzeitig schränkte sie jedoch ein: »Natürlich bleibt abzuwarten, ob das iranische Regime seine Seite des Abkommens einhalten wird.« Die Vereinbarung bietet tatsächlich Hoffnung auf ein Ende des blutigen Konfliktes, der den Jemen seit 2014 heimsucht und als Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und dem Iran angesehen wird.

Unterzeichnung »Wir werden auch weiterhin eine konstruktive Rolle bei der ordnungsgemäßen Behandlung von Hotspot-Problemen in der heutigen Welt gemäß den Wünschen aller Länder spielen und unsere Verantwortung als großes Land demonstrieren«, hob Chinas Top-Diplomat Wang Yi nach der Unterzeichnung hervor und ließ damit bereits das Anliegen seines Landes durchscheinen.

Zweifelsohne hat sich China in den vergangenen Jahren zu einem Verbündeten sowohl von Saudi-Arabien als auch des Iran entwickelt. Neben der Stärkung seiner wirtschaftlichen Position hat es mit der Vermittlung einen Schritt unternommen, das Vakuum, das die USA in Nahost hinterlassen haben, zu füllen. Und damit scheint Peking als »diplomatischer Friedensbringer« weiter Einfluss in der Region zu gewinnen

Pro & Contra

Ist Trump gut für die Juden?

Zwei Meinungen zur Debatte

von Deidre Berger, Len Sander  19.01.2025

USA

Alles neu im Nahen Osten?

Was Donald Trumps zweite Präsidentschaft für Israel bedeutet. Eine Analyse

von Jonathan Rynhold  19.01.2025

Israel

Berichte: Minister Ben-Gvir will Regierung verlassen

Aus Protest gegen das Gaza-Abkommen mit der Hamas hat der Polizeiminister schon mehrfach gedroht, Netanjahus Koalition verlassen zu wollen. Macht er nun Ernst?

 18.01.2025

Kurfürstendamm

Antisemitischer Angriff in Berlin

Ein 43-jähriger Mann wurde antisemitisch beleidigt und mit der Faust ins Gesicht geschlagen

 18.01.2025

Berlin

Scholz: »Der Terror der Hamas muss enden«

Der Bundeskanzler appelliert an die palästinensische Terrororganisation, ihre Waffen »ein für alle Mal« niederzulegen

 17.01.2025

Kommentar

Warum bejubelt ihr den Terror, statt euch über Frieden zu freuen?

Ein Kommentar von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel über die israelfeindlichen Demonstrationen in Berlin-Neukölln nach Verkündung der Gaza-Waffenruhe

von Philipp Peyman Engel  17.01.2025

Bitburger Gespräche

Schuster für härtere Strafen gegen Antisemitismus im Netz

Antisemitismus gelte inzwischen als eine Art »Aufnahmeritual« in bestimmten Gruppen, warnt Zentralratspräsident Josef Schuster. Er sieht die Politik dazu aufgefordert, »Strafbarkeitslücken« zu schließen

von Matthias Jöran Berntsen  17.01.2025

Washington D.C.

Trump will Israel im Fall einer neuen Gaza-Operation unterstützen

Der künftige Präsident will zudem das Momentum des Waffenruheabkommens nutzen, um die Abraham Accords wiederzubeleben

 17.01.2025

Meinung

Die linke Tour der Alice Weidel

Mit ihren Aussagen zu Adolf Hitler im Gespräch mit Elon Musk hat die AfD-Chefin erneut ihre Inkompetenz bewiesen

von Michael Thaidigsmann  17.01.2025