Meinung

»Israelkritik« und die sekundäre Unschuld

Marina Chernivsky, Leiterin des Kompetenzzentrums für Prävention und Empowerment der ZWST Foto: Rolf Walter

Ein Streitraum lässt Positionen zu, die zwar kontrovers sind, aber ein gemeinsames Nachdenken ermöglichen. Im Fall von Antisemitismus gelten eindeutig andere Regeln. Es findet häufig eine selbstgefällige und ziemlich herablassende Debatte statt, in der nicht ein Hauch von Selbstkritik oder Solidarität mit den Betroffenen zu vernehmen ist.

Das haben wir jüngst wieder erleben müssen, als in der ARD die Frage »Gibt es einen neuen Antisemitismus?« in den Raum gestellt wurde. Bei der Einschätzung von einzelnen Positionen besteht oft die Schwierigkeit, zwischen einer antisemitischen und einer nicht-antisemitischen Haltung zu differenzieren.

Arte Judenfeindliche Ressentiments sind ihrem Wesen nach eben nicht logisch oder rational, eine Abgrenzung kann nicht immer klar vollzogen werden. Und anders als in den Debatten nach der ARTE-Dokumentation und bei »Maischberger« suggeriert, ist der Antisemitismus kein Konflikt, in dem es zwei Seiten gibt, die einfach Fehler machen. Hier geht es um eine einseitige Markierung der »Anderen«, ohne ihnen die Möglichkeit zu geben, sich zu verteidigen.

Beim Antisemitismus gibt es diese besondere »Möglichkeit« einer akzeptierten Rechtfertigung antisemitischer Positionen. Durch die sogenannte »Israelkritik« können unliebsame Gefühle reflexartig abgewehrt und antisemitische Auffassungen legitimiert werden. Denn dann heißt es im Umkehrschluss, Juden seien – völlig unabhängig ihrer eigenen Positionierung – für den von ihnen erlebten Antisemitismus selbst verantwortlich.

Der Antisemitismus erfährt somit eine neue Bedeutung, indem Juden pauschal ein Täter-Motiv zugeschrieben wird. Darin verbirgt sich das zentrale Moment des sekundären Antisemitismus: die Geschichte dadurch abzuschließen, dass man die Juden diskreditiert und sich selbst in eine Position sekundärer Unschuld versetzt. Damit geht einher, sich jeder Einfühlung mit denen zu verweigern, die von Antisemitismus betroffen sind.

Die Autorin leitet das Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment der ZWST.

Bundestag

CDU kündigt nach einer Regierungsübernahme sofortige Umsetzung des Fünf-Punkte-Plan zum Stopp der illegalen Migration an

Die Einzelheiten im Überblick

von Jörg Blank  01.02.2025

Proteste

Für Vielfalt und die »Brandmauer«

Nach der Abstimmung von Union und AfD im Bundestag gehen in ganz Deutschland Zehntausende auf die Straße

 01.02.2025

Rechtsextremismus

»Junge Alternative« löst sich auf

Der AfD-Nachwuchs soll an die kurze Leine. Eine neue Organisation soll die Junge Alternative ersetzen

 01.02.2025

Diplomatie

»Historisches Treffen« zwischen Netanjahu und Trump

Israels Ministerpräsident will mit dem US-Präsidenten am Dienstag in Washington über die Zukunft des Gazastreifens sprechen

 01.02.2025

Meinung

Dieser Weg führt zu einer Koalition mit der AfD

Die Union und ihr Kanzlerkandidat haben sich verrannt. Wird eine Mehrheit im Bundestag mithilfe der AfD zur Regel, kommt die rechtsextreme Partei früher oder später an die Macht

von Joshua Schultheis  01.02.2025

Pro und Contra

Ist das der Riss in der Brandmauer?

Im Deutschen Bundestag ist erstmals eine Mehrheit nur mithilfe von AfD-Stimmen zustande gekommen. Ein schwerer Fehler der Unionsparteien, meint Joshua Schultheis. Ein unvermeidbarer Vorgang in der Parteiendemokratie, sagt Philipp Peyman Engel

von Joshua Schultheis, Philipp Peyman Engel  01.02.2025

Kommentar

Historischer Tabubruch? Einreißen der Brandmauer?

Friedrich Merz und die Verschärfung der Migrationspolitik: Eine Einordnung von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  01.02.2025

Berlin

So reagiert der Zentralrat der Juden auf die Debatte über die Asyl-Wende

Josef Schuster: »Der Verlust des Willens zum Konsens der politischen und parlamentarischen Mitte in diesem Land beunruhigt mich zutiefst«

 01.02.2025

Berlin

Bundestag stimmt gegen Gesetz zur Begrenzung der Migration

Die CDU/CSU hat für ihr Gesetz für mehr Härte in der Migrationspolitik keine Mehrheit gefunden

 01.02.2025