Gregor Gysi geht zur Toilette. Ein Video, das diesen Vorgang zeigt, gilt seit Dienstag für Menschen, die sich selbst als Israelkritiker bezeichnen, als Beleg, wie feige Unterstützer des jüdischen Staates seien.
Vorausgegangen war ein Streit in der Bundestagsfraktion der Linken. Abgeordnete um Inge Höger und Annette Groth hatten ausgerechnet für den 9. November zwei Publizisten, Max Blumenthal aus den USA und David Sheen aus Israel, eingeladen, um über »Israels Kriegsverbrechen in Gaza« zu sprechen. Der Fraktionsvorstand um Gysi hatte sich aber geweigert, einen Fraktionssitzungssaal zur Verfügung zu stellen.
volksbühne Daraufhin hatte – wiederum für den 9. November – Frau Höger den Roten Salon der Berliner Volksbühne für diese Veranstaltung gemietet. Blumenthal und Sheen sollten über das antiisraelische »Russell-Tribunal«, das im September in Brüssel stattgefunden hatte, berichten.
Nachdem die Parlamentarier Volker Beck (Grüne), Petra Pau (Linke) sowie der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Reinhold Robbe, in einem Offenen Brief an die Volksbühne monierten, dass Blumenthal und Sheen ausgerechnet am Jahrestag der Pogromnacht unter anderem »antisemitische Ressentiments« bedienen wollten, wurde auch die Volksbühnen-Veranstaltung abgesagt.
Allerdings nicht vom Theater, sondern wiederum vom Fraktionsvorstand. Der hatte entdeckt, dass Höger den Raum nicht als Privatperson, sondern für eine offizielle Veranstaltung der Linksfraktion angemietet hatte. Mitsamt dem enttäuschten Publikum zog man spontan in ein nahe gelegenes »Antikriegscafé« um.
toilette Am Montag kam es dann zur Verfolgungsjagd auf die Toilette. Sheen und Blumenthal, die beide Juden sind, forderten im Brüllton, Gysi solle sich für den Vorwurf, sie seien Antisemiten, entschuldigen. Dafür verfolgten sie Gysi bis zur Toilette.
Sheen, der von Kanada nach Israel einwanderte, war in der Vergangenheit schon häufiger als Antisemit bezeichnet worden. Sein Kollege Max Blumenthal belegte zudem im vergangenen Jahr den neunten Platz auf der vom Simon Wiesenthal Center herausgegebenen Liste der zehn antisemitischsten Ausfälle des Jahres 2013 – Blumenthal hatte Israelis als »Judäo-Nazis« bezeichnet. Jetzt aber behauptet Sheen, wenn man ihn einen Antisemiten nenne, drohe ihm bei seiner Rückkehr nach Israel Lebensgefahr.
Die Linksfraktion im Bundestag verurteilte unterdessen den Vorfall. »Wer uns oder unsere Genossen so feindselig behandelt wie an diesem 10. November, mit dem werden wir nicht kooperieren«, hieß es in einer Erklärung, die allerdings nicht einstimmig angenommen wurde. Die drei Abgeordneten, die die Publizisten eingeladen hatten, sollen sich mittlerweile bei Gysi entschuldigt haben. Der Linke-Abgeordnete Michael Leutert forderte derweil Annette Groth und Inge Höger zum Mandatsverzicht auf.