Genf

Israel-Kritiker Türk erhebt neuen Vorwurf

Volker Türk, UN-Hochkommissar für Menschenrechte Foto: picture alliance/KEYSTONE

Das UN-Menschenrechtsbüro in Genf wirft Israel vor, beim Einsatz von präzisionsgelenkten Bomben nicht genügend auf die Schonung von Zivilisten geachtet zu haben.

»Das Gebot, Mittel und Methoden der Kriegsführung so zu wählen, dass zivile Schäden vermieden oder zumindest so gering wie möglich gehalten werden, wurde bei der israelischen Bombenkampagne offenbar konsequent verletzt«, teilte der für seine konstante Kritik an Israel bekannte UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, am Mittwoch in Genf mit.

Israel geht in Gaza gegen die palästinensische Terrororganisation Hamas vor, die ihre eigene Bevölkerung als lebende Schutzschilde missbraucht – auch indem sie Raketenwerfer in Schulen und Wohnhäusern aufstellt. Die israelischen Streitkräfte (IDF) wollen die Hamas zerschlagen. Dabei geht es um die Sicherheit Israels und eine Befreiung von über 100 Geiseln, die sich gut acht Monate nach ihrer Verschleppung weiterhin in der Gewalt der Terroristen befinden.

Kämpfer in zivilen Einrichtungen

Das Büro von Türk hatte nach eigenen Angaben sechs israelische Angriffe zwischen dem 9. Oktober und dem 2. Dezember 2023 im Gazastreifen untersucht. Es geht davon aus, dass dabei Bomben der Typen GBU-31, GBU-32 und GBU-39 zum Einsatz kamen, die durch Beton dringen und mehrere Etagen eines Gebäudes zerstören können.

Damit seien Wohnhäuser, eine Schule, ein Flüchtlingslager und ein Markt angegriffen worden. Dabei seien mindestens 218 Menschen getötet worden. Bei einem Angriff mit vermutlich neun GBU-31-Bomben am 2. Dezember habe die Zerstörung einen Kreis mit 130 Metern Durchmesser betroffen. Darin seien 15 Wohnhäuser zerstört und 14 weitere beschädigt worden.

Nach dem Kriegsrecht, einem Teil des humanitären Völkerrechts, müssen zivile Einrichtungen bei Angriffen möglichst verschont werden. Wenn dort Kämpfer vermutet werden, muss abgewogen werden, ob die Schäden der eingesetzten Mittel nicht größer sind als die erhofften Ziele. Die Tatsache, dass sich einer oder mehrere Terroristen oder Beteiligte an den Massakern in Israel am 7. Oktober in einem Gebäude aufhielten, mache nicht eine ganze Nachbarschaft zum legitimen Ziel eines Angriffs, heißt es in dem Bericht.

Zivilisten und Terroristen

Israel warnt die Bevölkerung in Gaza regelmäßig vor Angriffen gegen den palästinensischen Terror. Die IDF richten sogar Fluchtrouten ein, verschicken Nachrichten an Bewohner und werfen Flugblätter ab, damit Zivilisten zuvor fliehen können.

Die von der UN-Unterorganisation wiedergegebenen Opferzahlen stammen vom von den Hamas-Terroristen kontrollierten Gesundheitsministerium in Gaza. Dort wird in der Regel nicht zwischen Zivilisten und Terroristen unterschieden. Zudem werden von dort Falschmeldungen verbreitet. Israel werden frei erfundene Angriffe vorgeworfen.

»Israels Methoden und Mittel, die es seit dem 7. Oktober im Gazastreifen einsetzt, einschließlich des umfangreichen Einsatzes von Explosivwaffen mit großflächiger Wirkung in dicht besiedelten Gebieten, haben nicht gewährleistet, dass sie wirksam zwischen Zivilisten und Kämpfern unterscheiden«, heißt es dennoch in dem Bericht von Volker Türks Büro. Es könne sich auch um Verbrechen gegen die Menschlichkeit handeln, so der Hochkommissar.

Kritisiert und verurteilt

Der Bericht kritisiert auch als »bewaffnete palästinensische Gruppen« bezeichnete Terrororganisationen, die »Projektile« auf Israel abfeuerten. Diese könnten wiederum Zivilisten treffen. Das UN-Büro für Menschenrechte erinnert daran, dass militärisches Material oder Personen nicht in dicht bevölkerten Gebieten stationiert werden sollen. Genau dies tut die Hamas allerdings dennoch.

Israel kritisiert das UN-Menschenrechtsbüro und Türk regelmäßig, weil es nach Ansicht der Regierung einseitig berichtet und zumeist den jüdischen Staat verurteilt. Diese Einschätzung teilt die Genfer NGO UN Watch.

Entsprechende Tendenzen wurden auch im Februar deutlich, als Türks Büro einen Bericht zu Gaza vorstellte, bei dem ebenfalls vor allem Israel kritisiert und verurteilt wurde, während die Aggressoren der Hamas besser wegkamen.

Türk habe »die barbarischen Gräueltaten der Terrorgruppe beschönigt« und sich geweigert, »ihr völkermörderisches Ziel anzuerkennen, den Staat Israel zusammen mit seinen jüdischen Einwohnern auszulöschen«, so UN Watch. Den Angriff der Hamas vom 7. Oktober habe Türk in den Kontext der Besatzung gestellt und ihn »effektiv gerechtfertigt«. ja/dpa

Saba Farzan

Keine Geschäfte mit den Mullahs

Es ist nicht die alleinige Verantwortung der deutschen Unternehmen, aus dem Iran-Handel auszusteigen, sondern auch eine Pflicht der Politik, andere Märkte zu öffnen

von Saba Farzan  07.09.2024

Bayern

Anschlag von München: Ermittler geben bislang unbekannte Details bekannt

Nach dem mutmaßlichen Terroranschlag von München werden weitere Details bekannt - so war wohl nicht nur das israelische Konsulat sein Ziel

 06.09.2024

Baden-Württemberg

Angriff auf Touristin wegen Israel-T-Shirt: Mann in Haft 

In Heidelberg wird eine Touristin angegriffen. Auslöser soll ihr T-Shirt sein, schätzt die Polizei. Darauf fordert sie die Freilassung der israelischen Geiseln. Nun gibt es einen Verdächtigen

 06.09.2024

Islamismus

Schütze von München war laut Vater psychisch auffällig 

Wer war der junge bewaffnete Mann, der in München in einem Schusswechsel mit der Polizei starb? Jetzt spricht der Vater des Attentäters

 06.09.2024

Einspruch

Wer mordet, will keinen Deal

Philipp Peyman Engel erinnert daran, dass nicht die israelische Regierung, sondern die Hamas sechs israelische Geiseln umgebracht hat

von Philipp Peyman Engel  06.09.2024 Aktualisiert

Meinung

Palästina-Aktivisten sind keine Streiter für Kunstfreiheit

In Dortmund störten sie eine Veranstaltung, auf der ein Film über die Massaker der Hamas gezeigt werden sollte

von Stefan Laurin  06.09.2024

Meinung

Der Westen und die Palästinenser

Warum fließen weiter Milliarden an Hilfsgeldern, ohne dass sich etwas zum Besseren wendet, fragt sich unser Gastautor

von Jacques Abramowicz  06.09.2024

München

Schüsse aufs Konsulat: Bayern will Präventionskonzepte prüfen

Für eine Verschärfung des Sicherheitskonzepts des Münchner Oktoberfestes sieht Herrmann hingegen keinen Anlass

 06.09.2024

Potsdam/Berlin

Neue Stiftung für Ausbildung von Rabbinern nimmt Arbeit auf

Zentralratspräsident Schuster: »Die neue Ausbildung öffnet wichtige internationale Horizonte und Netzwerke innerhalb des liberalen und konservativen Judentums«

von Yvonne Jennerjahn  06.09.2024 Aktualisiert