Um zu erahnen, wie die Ankündigung Donald Trumps, den Atomvertrag mit Teheran aufzukündigen, in der iranischen Zivilgesellschaft ankam, hilft ein Blick in den Roman Sunset Park von Paul Auster: Am Ende des Romans ist scheinbar alles gut, sind alle Konflikte gelöst, alle Beziehungen gerettet. Die Hauptfigur betrachtet zufrieden die Skyline von Manhattan. Dass es ein flüchtiger Moment inneren Friedens ist, weiß, wer das Datum kennt: Es ist der Morgen des 11. September 2001.
Sunset Park ist tatsächlich in iranischen Buchläden zu finden, in einer Übersetzung ins Persische. Und in dem, was Auster beschreibt, kann die iranische Zivilgesellschaft die von ihr durchlebte Tortur erkennen.
illusion Als sich nämlich nahezu die gesamte Staatenwelt der Illusion hingab, mit dem Abkommen eine Entschärfung des Atomkonflikts erreicht zu haben, wusste man dort, dass nicht nur die atomare Bewaffnung nicht verhindert wurde, sondern dass durch das politische Hofieren das System freie Fahrt für noch mehr Repression nach innen und noch brutaleres Vorgehen in der Region bekam.
Wundert es da wirklich, dass Irans Jugend auf Twitter & Co. ihrer Genugtuung freien Lauf ließ, dass das Atomabkommen endlich gekündigt wurde? Mit dem Hashtag #WeAreHostages machten viele junge Iraner darauf aufmerksam, dass ihre Geiselnahme so lange andauert, wie sich die politischen Verhältnisse nicht ändern.
sanktionen Wenn nun starke Sanktionen verhängt werden, kann sich die iranische Zivilgesellschaft einen so großen Druck auf die Machthaber erhoffen, dass die islamische Diktatur von innen kollabiert.
Das ist eine realistische Hoffnung. Noch nie zuvor waren Khameneis Schergen so schwach wie heute. Denn nach innen ist die islamische Revolution gescheitert, und nach außen hin haben sich die Mullahs deutlich übernommen. Die Art und Weise, wie Israel jüngst die iranischen Islamisten politisch und militärisch vorgeführt hat, erfüllte auch die iranische Zivilgesellschaft mit Genugtuung.
Die Autorin ist Publizistin und stammt aus dem Iran.