Nach dem Liken antisemitischer Tweets steht die Präsidentin der Technischen Universität (TU) Berlin, Geraldine Rauch, weiter unter erheblichem Druck.
Der Sprecher des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, sprach von einem Desaster.
Rauch hatte am Donnerstag erklärt: »Ich trete nicht zurück. An meinen Fehlern werde ich arbeiten.«
Der Akademische Senat der TU hatte der TU-Präsidentin am Mittwoch mit knapper Mehrheit von 13 zu zwölf Stimmen den Rücktritt empfohlen.
Für einen bindenden Abwahlantrag wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich gewesen. Heute tagt das Kuratorium der Hochschule, eine Art Aufsichtsrat, um über das weitere Vorgehen zu beraten.
Urteilsfähigkeit und Glaubwürdigkeit beschädigt
Rauch steht in der Kritik, weil sie antisemitische Posts auf der Internetplattform X, vormals Twitter, mit »Likes« (»gefällt
mir«) markiert hatte. Dabei ging es unter anderem um einen Beitrag mit Fotos von Demonstranten, die ein Bild des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit aufgemaltem Hakenkreuz hochhalten.
Rauch hatte sich dafür mehrfach entschuldigt und erklärt, sie habe den Beitrag wegen seines Textes mit einem »Like« markiert und das darunter gepostete Bild nicht genauer betrachtet. Zugleich beantragte sie die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich selbst bei der zuständigen Senatswissenschaftsverwaltung, um ihr Fehlverhalten überprüfen zu lassen und um Klarheit zu schaffen.
Der Exekutiv Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Heubner, erklärte in einem am Freitag in Berlin verbreiteten offenen Brief an Rauch, ihre Position als Hochschulpräsidentin, ihre politische Urteilsfähigkeit und ihre Glaubwürdigkeit seien auf Dauer beschädigt.
Töricht und unbeherrscht
»Kein jüdischer Student, keine jüdische Studentin wird sich gerade in diesen Tagen und Monaten und auch zukünftig an Ihrer Universität willkommen fühlen und dafür sind Sie mit Ihren törichten und unbeherrschten Likes allein verantwortlich«, schrieb Heubner.
Weiter nannte er den »Nicht-Rücktritt« eine persönliche Fehlentscheidung Rauchs. Mit dieser Entscheidung entstehe der Eindruck, »die Bekämpfung des Antisemitismus an Ihrer Hochschule ist in Wirklichkeit nichts mehr als ein Lippenbekenntnis«: »Zu einer Zeit, in der antisemitischer Hass und rechtsextreme Hetze in einem lange nicht gekannten Ausmaß über uns niedergehen, ist ihre Haltung für Sie persönlich, für die Hochschule, aber auch für unser Land ein Desaster«, sagte Heubner. epd