Während Europäer und US-Bürger mit Nacktscannern beschäftigt sind und darüber nachdenken, wie sie ihre Flughäfen sicherer machen können, sind die Israelis ziemlich entspannt. Und das, obwohl an ihrem internationalen Ben Gurion Airport ständig Alarmstufe Rot herrschen müsste. Seit Jahrzehnten gibt es Terrordrohungen, doch der Flughafen gilt als der sicherste weltweit. Grobe Pannen wie jüngst auf einem US-Flug von Amsterdam nach Detroit sind in Israel kaum vorstellbar, auch ohne Körperscanner.
effektiv Rafi Sela hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Sicherheitsbranche. Der Mann, der schon mit den US-Navy Seals und Flughäfen auf der ganzen Welt gearbeitet hat, ist Präsident von »AR Challenges«, einer Beratungsfirma für Transportsicherheit. Er sagt: »Sicherheitsleute in ande- ren Ländern sind wie vernarrt, wenn es um Gepäck geht, gucken auf jeden kleinen Gegenstand, die Reisenden aber schauen sie sich kaum an. Das ist ein grober Fehler.« Mit einer Coca-Cola-Flasche durch die Kontrolle? Für die Israelis kein Problem. Was in Deutschland sofort entsorgt werden muss, geht am Ben Gurion problemlos durch. Warum? »Weil wir uns für den interessieren, der trinkt, nicht dafür, was er trinkt.«
Das israelische System ist ausgeklügelt und in verschiedenen Ringen aufgebaut. Nur ein einziger Sicherheits-Check, wie auf den meisten Flughäfen, wäre hier undenkbar. »Wir müssen den Menschen, der fliegen will, bereits kennen, bevor er in den Terminal kommt«, erläutert Sela.
Dazu gäbe es spezielle Technologie, deutet er an, ohne weiter ins Detail gehen zu wollen. »Versagt ein Sicherheitsring, greift der nächste, spätestens aber der übernächste.«
Die erste Kontrolle beginnt schon an der Einfahrt zum Flughafen. Sicherheitskräfte mit Waffen im Anschlag fragen die Reisenden, wie es ihnen geht und woher sie kommen. Nette Fragen, bei denen es auf die Antwort ankommt. Von ihr hängt es ab, wie weiter untersucht wird.
Vor der Ankunfts- und Abflughalle steht zusätzliches bewaffnetes Personal, das kontrolliert.
Im Terminal angekommen, gibt es noch vor der Durchleuchtung des Gepäcks die Befragung, die jeder Israelreisende kennt: »Warum waren Sie hier?«, »Wer hat den Koffer gepackt?« Dabei schauen die Sicherheitsleute den Reisenden in die Augen. Wenn sie bemerken, dass einer unruhig wird, schwitzt oder sich irgendwie auffällig benimmt, muss er eine intensivere Befragung über sich ergehen lassen. »Das mag unangenehm sein, ist aber effektiv«, sagt Sela. Natürlich werde auch auf religiöse und ethnische Gesichtspunkte geachtet. Arabische Bewohner des Staates kennen die ausführlichen »Gespräche« und Durchsuchungen der Koffer viel besser als ihre jüdischen Landsleute. Das müsse so sein, ist Sela überzeugt. »Ein junger muslimischer Mann ist nun einmal potenziell eine größere Gefahr. Sicherheit kann nicht politisch korrekt sein.« Wenn er hingegen sieht, wie alte Menschen in manchen Ländern schikaniert, ihre Gehstöcke durchleuchtet werden, wundert er sich. »Unser System braucht so etwas nicht.«
entkleidet Obwohl das israelische Konzept umfassend und wirkungsvoll ist, werden Reisende auf dem Flughafen keine langen Schlangen vorfinden. Wegen der Gefahr von Selbstmordanschlägen wäre das viel zu gefährlich. Außerdem, wissen Experten, würden Israelis es niemals akzeptieren, stundenlang auf einem Flughafen anzustehen. Von den Personenscannern, die derzeit im Gespräch sind, hält der Fachmann wenig. »Die Sicherheit auf diese Weise zu verstärken, verärgert nur die Leute und bringt nichts. Außerdem ist das ein Eingriff in die Privatsphäre. Diese Geräte sollten in keinem Flughafen stehen.« Es gäbe heute bereits ausreichend andere Technologie, um die Menschen zu untersuchen, ohne sie förmlich auszuziehen.
»Es wird nie sicher auf den Flughäfen sein, es sei denn, das Konzept wird radikal verändert«, sagt Sela. Israelische Methoden für alle? Kontrollen wie am Ben Gurion halten viele für zu umfassend. Doch in diese Richtung müsse es gehen, ist der Sicherheitsexperte überzeugt. Aber eine Wende wird es nur geben, wenn die Politik genügend Druck von der Öffentlickeit bekommt. »Die Welt muss endlich verstehen, dass es bei der Sicherheit nicht um politische Korrektheit geht, sondern darum, Mensch und Gut vor Schaden zu bewahren.«