Die U21-EM in Israel ist ein großartiges Ereignis. Das sportliche Niveau bei dem Turnier, das gestern begonnen hat, ist extrem hoch. Fußballfans aus der ganzen Welt blicken begeistert nach Israel und überlegen, welche Spieler in Zukunft die neuen Müllers und Ronaldos sein werden. Mehr kann man von einer Nachwuchs-EM nicht erwarten.
Leider wird die Freude über das Turnier massiv getrübt. Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu und viele andere Personen des öffentlichen Lebens werfen der UEFA vor, sie belohne Israel mit dem EM-Austragungsort für dessen »gesetzwidriges Verhalten«. Das Land könne so von der »illegalen Besetzung von Gebieten Palästinas« ablenken und palästinensische Athleten weiterhin heimlich »grausam und rechtlos« behandeln. In einem Offenen Brief an die UEFA haben sie die Verantwortlichen noch kurz vor Anpfiff aufgefordert, das Turnier in ein anderes Land zu verlegen.
absurd Diese Forderung ist ebenso absurd wie ärgerlich. Wo waren all die Israelkritiker, als 2012 die Fußball-EM in der Ukraine stattfand? Nur zur Erinnerung: Zur selben Zeit saß damals Ukraines Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko als politische Gefangene in der ostukrainischen Stadt Charkiw in Haft. Auch Tutus Heimat Südafrika, wo 2010 die Fußball-WM ausgetragen wurde, ist keineswegs ein Vorbild in Sachen Menschenrechte. Von China, Gastgeber der letzten Olympischen Spiele, ganz zu schweigen.
Abgesehen davon ist der Vorwurf von Tutu und Co. an den Haaren herbeigezogen. Ich werde jetzt aber nicht nach Tutus Pfeife tanzen und als Antwort auf seine Kritik Israel lang und breit verteidigen. In diese Falle tappe ich nicht. Sport und Politik sind und bleiben zwei verschiedene Bereiche, man sollte sie nicht miteinander vermischen. Deshalb mein Rat an die Israelkritiker: Fahrt zur EM, genießt den Fußball, fiebert mit – und tragt eure Kritik meinetwegen auch in Israel vor. Die EM aber für politische Ziele zu missbrauchen, ist nicht nur deplatziert, sondern auch kleinkariert.
Der Autor ist Fußballkommentator beim Fernsehsender Sky Deutschland.