Einspruch

Im Prinzip prinzipienlos

Die Enthaltung Deutschlands bei der Abstimmung der Libyen-Resolution im UN-Sicherheitsrat ist kein zufälliger Ausrutscher. Unter der schwarz-gelben Koalition ist die deutsche Außenpolitik in kürzester Zeit von für sie bis dato essenziellen Grundsätzen abgerückt. Im Februar stimmte Deutschland im Sicherheitsrat einer Resolution gegen die israelische Siedlungspolitik zu, die nur durch ein Veto der USA gekippt werden konnte. Es gab damit die Maxime auf, sich im Nahost-Konflikt niemals einseitig gegen den jüdischen Staat zu wenden. In der Libyen-Krise hat es nunmehr nicht nur die transatlantische Solidarität missachtet, sondern auch die Rede von einer einheitlichen EU-Außenpolitik zur Farce werden lassen.

Neutralität In beiden Fällen erkennt man die Handschrift Guido Westerwelles und seiner FDP. Schon einmal, als sie 2006 gegen die Entsendung deutscher Soldaten zur Überwachung des Waffenstillstands im Libanon stimmte, brach die Partei aus dem westlichen Konsens aus. Wegen der deutschen Vergangenheit, hieß es mit vieldeutigem Unterton, könne Deutschland von Israel unter Druck gesetzt werden, seine »Neutralität« in der Auseinandersetzung zwischen der terroristischen Hisbollah und dem jüdischen Staat aufzugeben.

Heute will Westerwelle auf keinen Fall »Kriegspartei« im Konflikt zwischen dem Schlächter Gaddafi und dem von ihm drangsalierten libyschen Volk werden. Sein Horizont ist die strikte Verfolgung vermeintlich rein deutscher Interessen. Demonstrativ macht er klar, dass sich die Bundesrepublik dabei von nichts und niemandem behindern lassen werde – weder von der viel beschworenen »besonderen deutschen Verantwortung« für Israel noch von Ansprüchen seiner westlichen Bündnispartner. Indem Angela Merkel diesen Weg in die nationale Borniertheit mitgeht, gibt sie aus machtpolitischem Opportunismus ihre oft propagierten Kernprinzipien auf.

Der Autor ist Politischer Korrespondent der »Welt« und der »Welt am Sonntag«.

Berlin

Geisel-Fotos bespuckt und Sicherheitsmitarbeiter bedroht

Der Polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen

 05.02.2025

Kommentar

Antisemitismus: Was ist da los in Berlin?

Die judenfeindlichen Straftaten sind rückläufig. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Ein Bundesland sticht negativ hervor

von Michael Thaidigsmann  05.02.2025

Teheran

Nach Trump-Äußerungen: Iran deutet Gesprächsbereitschaft an

Der amerikanische Präsident bringt seine neue Iran-Politik in Stellung. Experten sehen Zeichen der Entspannung in den belasteten Beziehungen

 05.02.2025

Meinung

Die Union kämpft für den Erhalt der Demokratie

Keine Demokratie bleibt Volksherrschaft, wenn sie auf Dauer den Willen des Volkes missachtet

von Michael Wolffsohn  05.02.2025

Meinung

Die Union legitimiert die AfD und diffamiert alle Migranten

Friedrich Merz schafft ein Umfeld, in dem Antisemitismus gedeiht, wenn er die Punkte der AfD übernimmt

von Liora Jaffe  05.02.2025

Appell

Reißt euch zusammen!

Die Parteien der demokratischen Mitte müssen in der Migrationspolitik endlich Kompromisse eingehen – alles andere stärkt die Extremisten

von Ayala Goldmann  05.02.2025

Debatte

Auschwitz-Überlebender appelliert an Merz: »Bleiben Sie Mensch«

Merz solle das »menschenfeindliche« Gesetz nicht weiter behandeln

 05.02.2025

Düsseldorf

Mehr als 4500 antisemitische Straftaten im vergangenen Jahr

Judenhass ist in Deutschland verbreitet. Das zeigt sich erneut in einer erschreckend hohen Zahl von Straftaten

 05.02.2025

Kommentar

Historischer Tabubruch? Einreißen der Brandmauer?

Friedrich Merz und die Verschärfung der Migrationspolitik: Eine Einordnung von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  05.02.2025 Aktualisiert