Syrien

Im Nahen Osten nichts Neues: Assad leugnet den Holocaust

Baschar al-Assad Foto: IMAGO/ZUMA Wire

Er trat einst als »Reformer« an, gilt jetzt aber als der »Schlächter von Damaskus«: Zwischen 300.000 und 500.000 Zivilisten kamen während seiner Herrschaft gewaltsam ums Leben, Zehntausende Regimegegner »verschwanden«, rund zwölf Millionen Menschen mussten vor dem Bürgerkrieg fliehen. Der blutrünstige Herrscher schreckte auch nicht vor dem Einsatz von Chemiewaffen zurück, um am Ruder zu bleiben.

Seit 23 Jahren regiert Baschar al-Assad nun sein Land. Weltweit ist er geächtet, nur dank der Unterstützung von Russlands Wladimir Putin und dem Regime im Iran ist Assad noch an der Macht.

Als wäre das nicht genug, sorgte Syriens Präsident nun mit der Leugnung des Holocaust für Aufsehen. Anfang der Woche behauptete Baschar al-Assad, es gebe keine Beweise dafür, dass die Nazis sechs Millionen Juden ermordet hätten. Das Video einer Rede Assads bei einer Sitzung wurde vom Middle East Media Research Institute (MEMRI) verbreitet, welches immer wieder spannende Statements arabischer Führer ausgräbt und übersetzt.

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Es handele sich beim Holocaust »um ein politisches Thema, nicht ein humanitäres«, so Assad weiter und fragte: »Warum sprechen wir über diese sechs Millionen, aber nicht über die 26 Millionen Sowjets, die in diesem Krieg getötet wurden? Sind die sechs Millionen (Juden) etwa wertvoller?« Es habe auch »keine spezifische Folter- oder Tötungsmethode«, mit der die Juden umgebracht worden seien, sagte Assad weiter. Die Nazis hätten vielmehr »überall dieselben Methoden angewandt«.

Geschichtsexperte im Präsidentenamt

Der Holocaust werde »politisiert, um die Wahrheit zu verfälschen und später den Transfer der Juden aus Europa in andere Gebiete, nach Palästina, vorzubereiten«, behauptete er. Dann wärmte der 58-Jährige noch die jüngst auch vom greisen Palästinenserchef Mahmud Abbas vertretene These auf, die aschkenasischen Juden hätten in Wahrheit gar keinen Bezug zu Israel, weil sie im finsteren Mittelalter aus Asien gekommen seien. »Die Juden, die nach Palästina gingen, waren chasarische Juden östlich vom Kaspischen Meer – Heiden, die im achten Jahrhundert zum Judentum konvertierten«, meinte Assad. Sie hätten deswegen mit dem antiken Volk Israel nichts zu tun.

Weiter behauptete der Geschichtsexperte im Präsidentenamt, die USA hätten vor 1933 gezielt Adolf Hitlers NSDAP finanziert, damit dieser in Deutschland die Macht übernehmen könne. Der Aufstieg des Nationalsozialismus zwischen den beiden Weltkriegen sei »mit amerikanischer Unterstützung erfolgt«, glaubt Assad. Und: »Die Frage, die sich jeder stellt, lautet: Wie ist es möglich, dass der Nationalsozialismus trotz des deutschen Zusammenbruchs und der europäischen Zwänge aufsteigen und eine Armee aufbauen konnte?« Er lieferte gleich die Antwort: »Das geschah mit amerikanischer Unterstützung, mit Geld, Krediten und Investitionen.«

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Es ist nicht das erste Mal, dass Baschar al-Assad solch abstruse Thesen aufstellt. Im vergangenen Jahr behauptete er, es sei »eine Lüge«, dass der Westen und der Zionismus den Nationalsozialismus bekämpft hätten - im Gegenteil, sie hätten dabei geholfen.

Sein politisches Rüstzeug bekam Baschar al-Assad von seinem Vorgänger. Das war zufällig sein eigener Vater, Hafiz al-Assad. Auch der regierte Syrien von 1970 bis zu seinem Tod im Jahr 2000 mit eiserner Hand und war kein Kind von Traurigkeit. Tausende Regimegegner mussten Assad Seniors Herrschaft mit dem Leben bezahlen, wenngleich lange nicht so viele wie unter Juniors Knute. Auch viele Zionisten brachte er zur Strecke, unter anderem im Jom-Kippur-Krieg von 1973.

Während die meisten Juden das Land verließen, war Syrien ein sicherer Hafen für Altnazis. Der einstige SS-Hauptsturmführer Alois Brunner, im Zweiten Weltkrieg rechte Hand Adolf Eichmanns bei der »Endlösung der Judenfrage«, kam im Lande der Assads unter. Bis zu seinem Tod im Jahr 2001 war er dort vor den Nazijägern sicher.

Ob Baschar al-Assad als junger Mann an Brunners Rockzipfel hing und bei ihm Geschichtsunterricht nahm? Man weiß es nicht so genau, aber angesichts seiner jüngsten Bemerkungen muss es wohl so gewesen sein.

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