Am Montag haben Juden und Muslime im bosnischen Srebrenica der Opfer des dortigen Massakers gedacht, das heute vor 28 Jahren serbische Truppen verübten. Die Gedenkveranstaltung wurde vom Jüdischen Weltkongress (WJC) mitorganisiert.
Zu den Teilnehmern der Gedenkveranstaltung gehörten Vertreter der muslimischen Mehrheit im freien Teil Bosnien-Herzegowinas sowie Juden, die damals ebenfalls Familienmitglieder verloren. Das Massaker von Srebrenica gilt als der erste Völkermord in Europa nach den Verbrechen Nazi-Deutschlands während des Holocaust.
Hass und Fanatismus Ziel der Zusammenkunft in der ostbosnischen Stadt war es, die gemeinsame Trauer zu nutzen, um Hass und Fanatismus in der Welt zu bekämpfen, die wiederum zu Massenmorden führten, wie Menachem Rosensaft vom Jüdischen Weltkongress in seiner Rede betonte.
»Für die Zukunft sowohl des jüdischen als auch des bosnischen Volkes ist es absolut entscheidend, dass wir im Gedenken unsere Kräfte bündeln, um sicherzustellen, dass diese Art von Gräueltaten in Zukunft nicht mehr passieren können«, erklärte Rosensaft.
Rosensaft kam mit einer Delegation von Rabbinern und junger Diplomaten nach Srebrenica, um an einer Konferenz teilzunehmen, die der WJC in Kooperation mit dem Srebrenica Memorial Center veranstaltete. Die Gedenkveranstaltung war Teil davon.
Welt jenseits des Leidens »Wenn wir als Juden und als Muslime begreifen, dass dieser Schmerz uns auch verbindet, können wir konstruktiv darauf aufbauen, um eine Welt jenseits des Leidens zu gestalten, in der Völkermord unvorstellbar wird«, sagte Rosensaft.
Am 11. Juli 1995 überrannten bosnische Serbenmilitärs unter der Führung von General Ratko Mladic die sogenannte UN-Sicherheitszone Srebrenica. Die wenigen niederländischen Blauhelmsoldaten vor Ort leisteten keine Gegenwehr; die serbischen Soldaten ermordeten mehr als 8000 Jungen und Männer aus der Stadt auf einem Sportplatz und in den Wäldern bei Srebrenica.
Mladic wurde erst 2011 verhaftet und später vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu lebenslanger Haft verurteilt.
Morde und Vergewaltigungen Während des Krieges in Bosnien starben auch in anderen Teilen Bosniens Tausende Zivilisten. Der frühere serbische Präsident Slobodan Milošević wollte ein Groß-Serbien schaffen. Seine Kämpfer und Paramilitärs richteten vielerorts Massaker an.
Morde, Vertreibungen und Massenvergewaltigungen waren an der Tagesordnung. In Sarajevo, Tuzla und anderen Städten wurden zahlreiche Straßenpassanten von serbischen Scharfschützen erschossen. Auch Fahrer von Hilfskonvois der UNO wurden ins Visier genommen und starben.
Nach Unabhängigkeitserklärungen mehrerer jugoslawischer Teilrepubliken griff Serbien zuerst Slowenien an. Dann folgten Kroatien, wo ebenfalls schreckliche Massaker an der Zivilbevölkerung begangen wurden, und Bosnien-Herzegowina. Erst im Sommer 1995 wurde der serbische Kessel um Sarajevo von der NATO mit gezielten Luftangriffen geöffnet, nachdem über Jahre hinweg Friedensverhandlungen, die zuletzt in Genf stattfanden, gescheitert waren.
Morde in Mostar In der bosnischen Stadt Mostar töteten im Laufe des Krieges auch kroatische Kämpfer zumeist muslimische Bewohner.
Serbien griff später auch noch die Kosovo-Region an. Diesmal bombardierte die NATO Serbien, um ein Ende der Kriegshandlungen und Vertreibungen im Kosovo zu erzwingen.
Srebrenica ist heute der Inbegriff für das Versagen der internationalen Gemeinschaft, die das dortige Massaker nicht verhinderte und den Krieg gegen die gesamte Bevölkerung im freien, nicht von Serben kontrollierten Teil Bosniens erst sehr spät stoppte.
2. WELTKRIEG Bei der Konferenz in Srebrenica entschuldigte sich Emir Suljagić, der Direktor der Gedenkstätte, für die Beteiligung von Bosniern an durch die 13. Division der Waffen-SS verübten Massakern gegen jüdische Landsleute im Zweiten Weltkrieg.
»Vor 80 Jahren traten einige meiner Landsleute in den Dienst der deutschen Nazi-Ideologie und fügten Ihnen, Ihrem Volk und Ihren Vorfahren – Ihren Vätern und Müttern, Großvätern und Großmüttern – Schaden zu«, erklärte Suljagić vor den Vertretern des WJC und Juden aus Srebrenica. »Dafür entschuldige ich mich bei Ihnen und hoffe, dass sie in Ihrem Herzen Vergebung finden.«