Justiz

»Im Einzelfall entscheiden«

Bundesaußenminister Heiko Maas Foto: Frank Nürnberger

Herr Minister, nach den zahlreichen Anti-Israel-Demonstrationen haben Sie geäußert, dass jede Form von Antisemitismus beschämend sei, »völlig egal, ob strafbar oder nicht«. Wann ist denn dabei die Grenze der Meinungs- und Versammlungsfreiheit überschritten?
Wer israelische Flaggen verbrennt, verbrennt die freiheitlichen Werte unseres Grundgesetzes. Volksverhetzung, das Leugnen des Holocaust, die Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, Bedrohung oder gar Mordaufrufe – all das ist strafbar und überschreitet die Grenzen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Rufe wie »Kindermörder Israel«, »Intifada bis zum Sieg«, selbst Drohungen gegen Juden (»Khaybar, ya yahud«) sind nach Auskunft der Polizei im Rahmen der freien Meinungsäußerung erlaubt. Zu Recht?
Für mich sind solche Äußerungen unerträglich. Über die Grenzen zwischen Meinungsäußerungen und strafbaren Bedrohungen oder Verunglimpfungen haben Gerichte in jedem Einzelfall zu entscheiden. Ganz klar ist aber: Was strafbar ist, muss die Justiz konsequent verfolgen. Und: Wir alle müssen uns antisemitischer Hetze engagiert und mutig entgegenstellen. Den Brandstiftern dürfen wir nie das Feld überlassen. Denn erst kommen die Worte, dann die Taten.

Auch das Verbrennen eines Davidsterns oder einer Israelfahne ist nicht strafbar – es ist nur eine Ordnungswidrigkeit?
Ich persönlich finde es unerträglich, wenn in Deutschland Davidsterne brennen. Das ist eine Schande für unser Land. Antisemitismus darf bei uns nie wieder einen Platz haben. Inwiefern sich jemand im Einzelfall strafbar gemacht hat oder eine Ordnungswidrigkeit begangen hat, beurteilen die zuständigen Strafverfolgungsbehörden und letztlich unabhängige Gerichte.

Bundeskanzlerin Merkel sagte, der Staat müsse mit allen Mitteln des Rechtsstaates einschreiten. Geschieht das?
Das Verbrennen von israelischen Fahnen dürfen wir nicht dulden. Dagegen muss die Polizei so bald wie möglich vorgehen. Täter müssen unmittelbar zur Rechenschaft gezogen werden. Wir müssen alles tun, um jüdisches Leben in Deutschland zu schützen.

Der Zentralrat der Juden hat eine dringende Prüfung von Gesetzesänderungen gefordert. Antisemitische Kundgebungen müssten von vornherein untersagt werden können. Was ist Ihre Meinung?
Wir beobachten sehr genau, ob unser Recht wirksam vor Hass und Gewalt schützt. Klar ist: Antisemitismus und Israelhass sind keine Probleme, die wir allein mit den Mitteln des Strafrechts lösen können. Das ist auch eine Bildungsaufgabe: Zur Identität unseres Landes gehört, dass wir keine Form von Antisemitismus akzeptieren und uns klar zum Existenzrecht Israels bekennen. Diese Grundsätze müssen wir jedem deutschen Schüler ebenso vermitteln wie allen Geflüchteten, die zu uns nach Deutschland gekommen sind.

Das Interview mit dem Bundesjustizminister führte Detlef David Kauschke.

München

Terror-Sympathisant muss 3300 Euro Geldstrafe zahlen

Nach Ansicht des Gerichts hat der 28-jährige Angeklagte die Massaker der Hamas in Israel kurz nach der Tat gebilligt

 22.01.2025

Meinung

Kennen Sie Abed Hassan?

Medien feiern den Berliner als »deutsche Stimme aus Gaza«, dass er den Terror der Hamas verharmlost, scheint sie nicht zu stören

von Susanne Stephan  22.01.2025

Bayern

Judenhass »beim Smalltalk in der Galerie«

Der Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle will das Sicherheitsgefühl von Juden in seinem Bundesland verbessern

 22.01.2025

Frankfurt am Main/Darmstadt

Israelfeindliche Propaganda verbreitet: Razzia gegen Verein

»Mit den Durchsuchungen unterstreichen wir, dass Antisemitismus in Hessen keinen Platz hat«, sagt Hessens Innenminister Poseck (CDU)

 22.01.2025

Berlin

Friedman beklagt Erinnerungskultur in Deutschland

Der Publizist lobt Bemühungen um das Holocaust-Gedenken. Er prangert aber auch eine Täter-Opfer-Umkehr von Millionen Menschen an

 22.01.2025

Davos

Herzog fordert weltweite Anstrengungen gegen Terror

Israels Präsident hofft auf Chancen durch die Veränderungen etwa in Syrien. Gleichzeitig warnt er in Davos vor dem Iran

 22.01.2025

Berlin

Merkel diskutiert mit Schülern über NS-Täter

Verbrechen und Verantwortung: Ex-Kanzlerin Merkel schaut gemeinsam mit Schülern eine Doku über junge Männer, die zu NS-Tätern wurden. Die Jugendlichen im Saal nimmt sie in die Pflicht

 22.01.2025

Meinung

Trump und Israel: Eine unbequeme Wahrheit

Der designierte 47. US-Präsident hat noch vor Amtsantritt mit seiner Nahostpolitik der maximalen Abschreckung und Härte mehr in Israel und Gaza erreicht als die Biden-Administration und die Europäer in den vergangenen 13 Monaten

von Philipp Peyman Engel  21.01.2025 Aktualisiert

Debatte

Scholz äußert sich zu Musks umstrittener Geste

Elon Musks Hitlergruß-ähnliche Geste bei einer Rede zu Trumps Amtseinführung sorgt für Irritationen. Auch beim Weltwirtschaftsforum in Davos ist sie Thema. Der Kanzler reagiert

 21.01.2025