Im Streit um Südafrikas Völkermord-Klage gegen Israel verpflichtet der Internationale Gerichtshof Israel nicht zum Ende des Militäreinsatzes im Gazastreifen. Aber: Das höchste Gericht der Vereinten Nationen beauftragte das Land am Freitag in Den Haag, »alles in seiner Macht stehende tun«, um das Leben palästinensischer Zivilisten zu schützen.
15 Richter stimmten für die Entscheidung, darunter die amerikanische Präsidentin des Gerichtshofs, Joan Donaghue. Der von Israel entsandte Jurist Aharon Barak war einer von zwei Richtern, die sie ablehnten.
Es ist ein deutliches Signal der Richter. Sie sehen die Gefahr, dass die Völkermord-Konvention verletzt werden könnte. Israel hatte die Vorwürfe Südafrikas als haltlos zurückgewiesen und sich auf das Recht zur Selbstverteidigung nach dem verheerenden Massaker der Hamas und anderer Terrorgruppen vom 7. Oktober berufen.
Die Richter entsprachen damit nur teilweise einem Eilantrag Südafrikas, das eine sofortige Einstellung der militärischen Handlungen gefordert hatte.
Südafrikas Vertreter feierten das Urteil als »entscheidenden Sieg«. Sami Abu Zuhri, ein Vertreter der Hamas-Terroristen bezeichnete es als »wichtige Entwicklung, um Israel zu isolieren«.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat seinem Kabinett dem TV-Sender »Kan« zufolge verboten, auf das Urteil zu reagieren, bis es eine offizielle Regierungserklärung gebe. Dennoch hatten Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir und Peripherie-Entwicklungsminister Yitzhak Wasserlauf die Entscheidung verurteilt. Dem Gericht gehe es nicht um Gerechtigkeit, sondern um die Verfolgung des jüdischen Volkes, sagte Ben-Gvir, der wie Wasserlauf der rechtsextremen Partei Otzma Yehudit angehört. Wasserlauf tweetete nach dem Urteil eine israelische Flagge mit der Forderung »Nie wieder«.
Es ist eine erste Entscheidung in dem Völkermord-Verfahren. Südafrika hatte Ende Dezember Klage gegen Israel eingereicht. Das Gericht entschied damit noch nicht endgültig über den Hauptvorwurf des Völkermordes. So ein Verfahren kann sich über Jahre hinziehen.
Entscheidungen des UN-Gerichts sind bindend. Die Richter haben aber kein Machtmittel, um diese auch durchzusetzen. Unklar ist, ob Israel sich an diese Anordnung halten wird. Wann das Verfahren zum Hauptvorwurf des Völkermordes beginnen wird, ist nicht bekannt. nko/dpa