Neulich ist er gestürzt, die rechte Hand hat er sich gebrochen. Aber einer wie Ivar Buterfas jammert nicht, sondern trägt bloß einen Gips. Stolz zeigt Buterfas die Kopie seiner Klageschrift, versehen mit dem Stempel der Staatsanwaltschaft Hamburg. Die hat seine Klage gegen den früheren Vorstand der Dresdner Bank angenommen – wegen des Verdachts der Untreue, des Betruges, des Kapitalanlagenbetruges (vgl. Jüdische Allgemeine vom 4. Februar 2010).
Risiko Ivar Buterfas ist ein Kämpfer, er musste es werden, als sich die Mutter mit ihm und seinen Geschwistern während des Krieges versteckt hält, um nicht deportiert zu werden. Was sich Buterfas nach dem Krieg aufbaut, was er zusammenhält und für die Altersjahre anlegt, schichtet ein Anlageberater der Dresdner Bank im Herbst 2006 um. Obwohl schriftlich vereinbart wird, dass das Geld konservativ, absolut ohne Risiko und keinesfalls in Aktien angelegt werden soll, geschieht das genaue Gegenteil. Es folgt der Crash, Buterfas hat nach eigenen Angaben 80.000 Euro verloren. Doch er wehrt sich, beruft sich auf die Vereinbarung mit der Bank. Die will erst nicht zahlen. Dann ein bisschen was, dann mehr, dann zahlt sie alles zurück.
Nun aber begibt sich Buterfas in die Offensive: »Es geht mir nicht um mich, ich hab mein Geld ja zurückbekommen. Es geht mir um die Leute, die wegen der Bankenkrise ihr Erspartes verloren haben.« Aufgeben, klein beigeben, das ist seine Sache nicht. So, wie er sich auf die Hinterbeine stellte, als er erfuhr, dass sich nach dem Krieg auf dem Gelände des einstigen KZ Sandbostel bei Bremervörde ein Gewerbehof, ein Bordell und ein Reiterhof ansiedelten. »Die Kinder sind da über die Knochen der Toten galoppiert«, sagt er, und der Zorn überzieht auch jetzt noch sein Gesicht.
Steuern Buterfas hat mit dafür gesorgt, dass dort eine Gedenkstätte errichtet wurde. »Ich bin ein lebendes Beispiel für Hartnäckigkeit«, sagt er, atmet einmal tief durch und fügt nun ganz ruhig hinzu: »Ich will wissen, wer diesen Bankberater damals geschult hat. Und ich will wissen, wer den geschult hat, der den Bankberater geschult hat.« Er nimmt einen Schluck Kaffee: »Erst wenn aus einem Banker wieder ein Bankier wird, habe ich wieder Vertrauen in dieses Land. Dafür habe ich 50 Jahre lang gearbeitet und Steuern gezahlt. Und ich habe gerne Steuern gezahlt«, setzt er nach, klopft mit seiner Gipshand fest auf dem Tisch auf.
»Was meinen Sie«, fragt er seinen Anwalt, »soll ich morgen beim Gericht mal nach dem Aktenzeichen fragen?« Der rät ihm zur Geduld: »Ich hake in einer Woche mal nach.« Ein Jahr dürfte es dauern, bevor der Prozess in Sichtweite kommt. Buterfas lehnt sich zurück – aber dann holt er nochmal aus. »Was die Banker damals gemacht haben«, regt er sich auf, »das sind für mich Trickbetrüger – das können Sie ruhig so schreiben.« Frank Keil