Das Amtsgericht in Hoyerswerda hat sich den 27. Januar, den Tag des Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, ausgesucht, um ein mildes Urteil zu fällen. Angeklagt waren Männer aus der Neonazi-Szene der sächsischen Kleinstadt, die einem Paar, das sich gegen Rechts engagiert, Todesangst eingejagt hatten: Gewaltsam wollten sie in dessen Wohnung einbrechen, stellten den Strom ab, verklebten Türspione und drohten lautstark.
Dem Paar war von der Polizei geraten worden, aus ihrer Heimatstadt wegzuziehen. Das Gericht hat nun wegen Beleidigung und Bedrohung Strafen von acht bis zehneinhalb Monaten verhängt – bis auf eine Ausnahme bleiben alle Täter zur Bewährung auf freiem Fuß.
falsches signal Das Urteil mutet geradezu makaber an. Es ist ein fatales Signal für all jene Bürger, die sich gegen Nazis wehren und auf eine wehrhafte Demokratie setzen. Das Urteil vermittelt die Botschaft, dass der Staat bedrohten Menschen nicht helfen kann oder will. Und es dokumentiert eine krasse Fehleinschätzung der demokratischen Institutionen angesichts der Gewaltbereitschaft und des Organisationsgrades der Neonazis in vielen Kommunen Deutschlands.
Dass dieses schlimme Signal am 27. Januar ausgesandt wurde, ist besonders makaber. Schließlich wurde an diesem Tag in ganz Deutschland darüber nachgedacht und gesprochen, welche Mechanismen in der Gesellschaft es waren, die zu Auschwitz führten. Dabei sind es gerade diese Mechanismen, die von Neonazis angewandt werden: durch Gewalt und Einschüchterung immer mehr Macht zu erhalten und in den Alltag der Menschen einzubrechen, um deren Leben zu zerstören. Diese rechtsextremen Strukturen haben sich in vielen Gegenden Deutschlands, sowohl im Osten als auch im Westen, schon etabliert.
Niemand will eine politische Justiz. Aber das Urteil eines unabhängigen Gerichts in einem Rechtsstaat muss doch deutlich machen, dass es für ein demokratisches Gemeinwesen einsteht. Das tut dieses Urteil nicht.
Der Autor ist Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees.