Die Holocaust-Überlebende Eva Umlauf hat in einem offenen Brief an Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz appelliert, am Freitag nicht ein Gesetz gemeinsam mit der AfD zu beschließen. »Tun Sie es nicht, Herr Merz«, heißt es in dem Brief, den die »Süddeutsche Zeitung« veröffentlichte. Er liegt auch der Deutschen Presse-Agentur vor.
Umlauf war als Zweijährige ins NS-Vernichtungslager Auschwitz gebracht worden und wäre nach eigenen Worten heute nicht mehr am Leben, wenn ihr Zug nur drei Tage früher angekommen wäre. Sie forderte Merz auf: »Unterschätzen Sie die Rechtsextremisten nicht. Kehren Sie um auf dem Weg, den Sie am Mittwoch beschritten haben. Gehen Sie auf die anderen demokratischen Parteien zu, finden Sie Kompromisse.«
»Genau so fängt es an«
Die gemeinsame Abstimmung der Union mit der AfD über Anträge zur Migrationspolitik am Mittwoch habe die demokratische Brandmauer erschüttert. »Doch am Freitag könnte zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte ein Gesetz im Bundestag gemeinsam mit Rechtsextremen verabschiedet werden«, warnte Umlauf. »Die Brandmauer könnte niedergerissen werden. Tun Sie das nicht.« Am Freitag steht das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz auf der Tagesordnung des Bundestags.
Was diese Woche im Bundestag geschehe, werde in die Geschichtsbücher eingehen, schrieb Umlauf. »Denn genau so fängt es an, so normalisieren wir die Feinde der Demokratie.« Sie habe gehofft, in ihrem Leben keinen Aufstieg rechtsextremer Parteien mitzuerleben. Doch jetzt gehe ein Rechtsruck durch ganz Europa, Hass und Hetze würden wieder salonfähig.
»Hand aufs Herz: Mir macht das große Angst«, schrieb die 82-Jährige. »Wir haben alle gesehen, wohin dieser Weg führen kann.« dpa