Meinung

Hitler: Comeback in der Türkei

Vor einigen Jahren sagte mir ein Mann in einem persönlichen Gespräch, Hitler habe einen großen Fehler gemacht, weil er nicht alle Juden umgebracht hat. Da glaubte ich: Der will mich provozieren, weil er weiß, wie empfindlich ich auf so etwas reagiere. Ich distanzierte mich klar, und er versuchte, mir zu erklären, das sei doch nur ein »Spaß« gewesen. Als ich nun die Bilder sah, die im Zusammenhang mit dem Gazakonflikt in sozialen Medien und anderswo gezeigt werden, wurde mir deutlich, dass dies damals kein einzelner armer Irrer war.

verbreitung Einige Veröffentlichungen in türkischen Medien machen das deutlich: Im Kreuzworträtsel einer Zeitung wird nach Buchstaben gesucht; wenn man sie zusammensetzt, kommt sinngemäß »Wir vermissen dich« heraus – und in der Mitte findet sich ein Bild von Hitler.

Die Zeitung war schon immer für ihren Antisemitismus bekannt, aber ihre Sehnsucht nach Hitler war noch nie so deutlich wie heute. Die türkische Sängerin Yildiz Tilbe twittert: »Möge Gott Hitler segnen, er tat sogar weniger, als nötig gewesen wäre.« Sie bekommt Unterstützung von Ankaras Oberbürgermeister, der als Dauernutzer sozialer Medien gilt. Viele Fans bejubeln Tilbe als eine, »die endlich die Wahrheit sagt«. Ein Parlamentsabgeordneter ruft in Richtung Juden: »Ihr sollt ausgerottet werden, euch soll der Hitler niemals fehlen.«

Palästinenser Solche Sprüche sind derzeit auch bei Kundgebungen in Deutschland zu hören oder zu sehen. Das geht so weit, dass sich auch einige Palästinenser davon distanzieren. So hat zum Beispiel das Palästinakomitee Stuttgart die Unterstützung für eine geplante Demonstration zurückgezogen: »Wie wir jetzt feststellen, versuchen rechte Kräfte – türkische Nationalisten –, deren politische Inhalte wir nicht teilen, diese Veranstaltung zu dominieren.«

Vor allem diejenigen in Deutschland, die unter rassistischen Angriffen leiden, deren Häuser angezündet werden und die Opfer von Pöbeleien sind, müssen reflektierter mit Sprache und den Informationen umgehen, die in sozialen Medien transportiert werden. Wer in der heutigen Zeit Juden- oder Islamfeindlichkeit schürt, hat nichts aus der Geschichte gelernt und schafft nur neuen Nährboden für kriegerische Auseinandersetzungen.

Der Autor ist Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland.

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Berlin

Drei Jahre Haft für Mustafa A.

Der Prozess gegen den Angreifer von Lahav Shapira ist am Donnerstag zu Ende gegangen. Das Amtsgericht Tiergarten ging von einem antisemitischen Motiv aus und sprach den Täter der gefährlichen Körperverletzung schuldig

 17.04.2025

Berlin

100 Strafverfahren nach Besetzung der Humboldt-Universität

Die Polizei ermittelt unter anderem wegen Hausfriedensbruch und Volksverhetzung. Während der Besetzung sollen Aktivisten mutmaßlich Urin aus einem Fenster geschüttet haben

 17.04.2025

Analyse

Kleinster gemeinsamer Nenner

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht kaum Konkretes über Israel und den Kampf gegen Antisemitismus

von Michael Thaidigsmann  17.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Sebnitz

»Keine Hakennasen«: Jobanzeige eines Dachdeckers sorgt für Empörung

Die Stadtverwaltung der sächsischen Kreisstadt hat gegen den Urheber einer Anzeige im Amtsblatt Strafantrag gestellt

 17.04.2025 Aktualisiert