Der Historiker und KZ-Gedenkstätten-Leiter Jens-Christian Wagner sieht ein schwindendes Bewusstsein der Bevölkerung für die Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen. »Die nationalsozialistischen Verbrechen zeigen uns doch, in welcher Gesellschaft wir nicht leben wollen«, sagte der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora am Montag im RBB-Inforadio.
Scharf griff Wagner die AfD an: »Das ist eine Partei, aus deren Reihen notorisch geschichtsrevisionistische, holocaustverharmlosende oder sogar NS-verherrlichende Positionen vorgetragen werden.« Die Wahlerfolge der Partei würden militante Neonazis zu Taten ermutigen.
Das merkten auch die thüringischen Gedenkstätten, erklärte Wagner. Gedenkbäume würden abgesägt, junge Leute würden sich ans Lagertor stellen und verfassungsfeindliche Parolen skandieren. Zudem würden die Einrichtungen mit Hassmails, beschimpfenden Anrufen und sogar Morddrohungen überzogen.
Wagner betonte, wie wichtig es sei, sich im Alltag »gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Muslimfeindlichkeit und gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« zu engagieren. Jeder Einzelne müsse »einschreiten, wenn auf der Familienfeier gegen Migranten gehetzt wird oder holocaustverharmlosende Positionen verbreitet werden«.
Am Montag wurde im thüringischen Nordhausen zum 80. Jahrestag an die Befreiung des NS-Konzentrationslagers Mittelbau-Dora erinnert. Dort wurden bis 1945 rund 65.000 Menschen getötet. Bereits am Sonntag war bei Weimar an die Befreiung des KZ Buchenwald erinnert worden. epd