Meinung

Hisbollah-Verbot: Nur die halbe Miete

Nach monatelangem Zögern über die Konsequenzen des Terroranschlags von Burgas im vergangenen Juli handeln Deutschland, Großbritannien und Frankreich nun endlich und kündigen an, den militärischen Arm der Hisbollah auf die EU-Terrorliste zu setzen.

Die jüngsten Ereignisse in Syrien und im Libanon beweisen allerdings, dass keine klare Trennlinie zwischen militärischen und politischen Aktivitäten der Organisation gezogen werden kann. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah, der von Suppenküchen bis zu Raketeneinsätzen die Entscheidungshoheit innehat, sagte dieser Tage erstmals offiziell, dass die Hisbollah für das Assad-Regime in Syrien kämpft. Eine Antwort der Gegner Assads folgte prompt: Mit dem Beschuss eines Schiitenviertels in Beirut am Wochenende weitet sich der Krieg in der Region aus. Um von ihrer Schwäche abzulenken, versucht die Hisbollah, durch den Beschuss Israels Stärke zu demonstrieren.

Bombenattentate Israelische und jüdische Ziele stehen ohnehin seit nun schon mehreren Jahrzehnten im Fokus der vom Iran unterstützten Terrororganisation. Die wiederholten Bombenattentate auf jüdische Einrichtungen in Buenos Aires in den frühen 90er-Jahren, jüngste Anschläge wie das Burgas-Attentat und die vereitelten anti-israelischen Anschläge in Zypern, Aserbaidschan und der Türkei sind nur einige Beispiele von vielen.

Diese Vielzahl an Beweisen hat der EU trotzdem lange nicht ausgereicht. Angeblich könnte ein europäisches Verbot der Hisbollah die politischen Verhältnisse im Libanon destabilisieren, hieß es. Aber bereits die Ermordung des damaligen libanesischen Premierministers Rafik Harari im Jahr 2005, höchstwahrscheinlich verübt von Hisbollah-Agenten, zeigt, wie brüchig die Lage im Land ohnehin schon ist. Nasrallahs Unterstützung Assads, mit all ihren Risiken für den Libanon, beweist erneut, dass die Hisbollah kein Teil einer politischen Lösung sein kann.

Auch in Deutschland, wo die Hisbollah 1992 vier iranische Oppositionelle ermordete, tritt sie immer selbstbewusster auf. Demnächst werden zum anti-israelischen Al-Quds-Tag wieder zahlreiche Hisbollah-Anhänger in Berlin erwartet. Soll dies verhindert werden, muss Deutschland von den Niederlanden lernen und die gesamte Hisbollah als Terrorvereinigung einstufen. Ein solcher Schritt würde dem EU-Vorhaben mehr politisches Gewicht verleihen – und die Hisbollah weiter unter Druck setzen.

Die Autorin ist Direktorin des American Jewish Committee Berlin.

Kommentar

Erdoğans Vernichtungswahn ist keine bloße Rhetorik

Der türkische Präsident hat nicht nur zur Auslöschung Israels aufgerufen, um von den Protesten gegen ihn abzulenken. Deutschland muss seine Türkeipolitik überdenken

von Eren Güvercin  01.04.2025

Essay

Warum ich stolz auf Israel bin

Das Land ist trotz der Massaker vom 7. Oktober 2023 nicht zusammengebrochen, sondern widerstandsfähig, hoffnungsvoll und vereint geblieben

von Alon David  01.04.2025

USA

Grenell könnte amerikanischer UN-Botschafter werden

Während seiner Zeit in Berlin machte sich Grenell als US-Botschafter wenig Freunde. Nun nennt Präsident Trump seinen Namen mit Blick auf die Vereinten Nationen. Aber es sind noch andere im Rennen

 01.04.2025

Literatur

Schon 100 Jahre aktuell: Tucholskys »Zentrale«

Dass jemand einen Text schreibt, der 100 Jahre später noch genauso relevant ist wie zu seiner Entstehungszeit, kommt nicht allzu oft vor

von Christoph Driessen  01.04.2025

Judenhass

Todesstrafen wegen Mordes an Rabbiner in Emiraten

Ein israelischer Rabbiner wurde in den Vereinigten Arabischen Emiraten getötet. Der Iran wies Vorwürfe zurück, die Täter hätten in seinem Auftrag gehandelt. Drei von ihnen wurden zum Tode verurteilt

von Sara Lemel  31.03.2025

Vereinten Nationen

Zweite Amtszeit für notorische Israelhasserin?

Wird das UN-Mandat von Francesca Albanese um drei Jahre verlängert? Das Auswärtige Amt drückt sich um eine klare Aussage

von Michael Thaidigsmann  31.03.2025

Meinung

Marine Le Pen: Zu Recht nicht mehr wählbar

Der Ausschluss der Rechtspopulistin von den Wahlen ist folgerichtig und keineswegs politisch motiviert

von Michael Thaidigsmann  31.03.2025

Essay

Dekolonisiert die Dekolonialisierung!

Warum die postkoloniale Theorie jüdische Perspektiven anerkennen muss

von Lisa Bortels  31.03.2025

Türkei

Erdoğan: »Möge Allah das zionistische Israel zerstören«

Ein antisemitisches Statement von Präsident Recep Tayyip Erdoğan löst einen Streit mit dem jüdischen Staat aus

 31.03.2025