Es ist ein historischer Neuanfang: Die neue Nathan Peter Levinson Stiftung, gegründet vom Zentralrat der Juden in Deutschland zur Rabbinerausbildung, und die Universität Potsdam haben am Montag einen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Damit werde die Ausbildung jüdischer Geistlicher auf ein neues Fundament gestellt, betonten die Stiftung, der Zentralrat und die Universität am Montag gemeinsam in der brandenburgischen Hauptstadt.
»Dies ist ein herausragender Moment für das jüdische Leben in Deutschland«, betonte der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, Daniel Botmann, nach der Unterzeichnung des Kooperationsvertrags. »Die jüdische Gemeinschaft hat ein großes Interesse daran, dass hier in Potsdam unter dem Dach der Stiftung Rabbinerinnen und Rabbiner, Kantorinnen und Kantoren ausgebildet und zum Abschluss gebracht werden.« Die neue Struktur sei hierfür nun geschaffen worden.
Zum bevorstehenden Wintersemester gehe es zunächst darum, den bisherigen »Bestandsstudenten« am Standort Potsdam die Möglichkeit zu geben, ihr Studium auch im Rahmen der neuen Institute fortzusetzen. »Ab dem darauffolgenden Semester wird es darum gehen, neue Studierende aufzunehmen«, erklärte Botmann. Dabei gehe man derzeit mit Blick auf das Wintersemester von einer Zahl von etwas weniger als 20 Studierenden aus.
Die Nathan Peter Levinson Stiftung stehe nun auf eigenen Beinen, unterstrich Botmann. Der Zentralrat der Juden habe sie als Stifter ins Leben gerufen und ihr auf die Beine geholfen. »Nun sollen in ihr Rabbiner und Kantoren ausgebildet werden.«
Das Bundesministerium des Innern und für Heimat, das Land Brandenburg und die Kultusministerkonferenz begrüßen den Start der neuen Stiftung.
Der Zentralrat hatte die Stiftung vor einigen Monaten auf den Weg gebracht. Das Bundesministerium des Innern und für Heimat, das Land Brandenburg und die Kultusministerkonferenz begrüßten den Start der neuen Stiftung ausdrücklich.
Nach den Worten von Zentralratspräsident Josef Schuster arbeitet die neue Nathan Peter Levinson-Stiftung für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland, öffnet aber auch wichtige internationale Horizonte und Netzwerke.
Innerhalb der neuen Stiftung sind drei Seminare entstanden: das Regina Jonas Seminar für die liberale Rabbinerausbildung, das Abraham J. Heschel Seminar für die konservative und das Louis Lewandowski Seminar für die Kantorenausbildung. Außerdem werde die Stiftung in Forschung und Lehre eng mit der School of Jewish Theology und den Jüdischen Studien der Universität Potsdam zusammenarbeiten.
Die Zukunft des Abraham Geiger Kollegs ist ungewiss.
Die drei Seminare der Stiftung stehen damit zunächst neben dem vor 25 Jahren gegründeten Abraham Geiger Kolleg und dem Zacharias-Frankel-College in Potsdam. Das Kolleg bekommt seit einiger Zeit keine öffentliche Förderung mehr, weil der Zentralrat und die öffentlichen Zuwendungsgeber kein Vertrauen in die Trägerstruktur haben. Trägerin ist seit Anfang 2023 die Jüdische Gemeinde zu Berlin. Die Zukunft des Abraham Geiger Kollegs ist ungewiss.
Zentralratsgeschäftsführer Botmann nahm auch Stellung zu den Möglichkeiten, die die Studenten des Abraham-Geiger-Kollegs nun haben. Ihre Leistungen seien nicht wertlos oder nutzlos. Vielmehr hätten sie die Möglichkeit, »zum Abschluss zu kommen, unabhängig davon, ob das Abraham Geiger Kolleg einen weiteren Betrieb aufrechterhalten wird oder nicht.« Dies sei eine individuelle Entscheidung der Studenten, von denen einige in die drei neuen Rabbinerseminare wechseln wollten.
Der Geschäftsführer der Nathan Peter Levinson Stiftung, Dmitrij Belkin, erklärte, mit der Stiftung werde das jüdische Leben auch im akademischen Bereich verbessert. Die Stiftung sei »ein Dach, eine strukturgebende, inhaltliche und organisatorische Einheit«, während ihre Seminare das Herzstück darstellen. Die jüdischen Gemeinden und ihre Rabbiner und Kantoren sollen Belkin zufolge als Gestalter agieren.
Der Potsdamer Uni-Präsident Oliver Günther sprach in Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Vertrages von einem »sehr erfreulichen Anlass. Wir haben knapp zwei Jahre hart gearbeitet, um die jüdische Theologie neu aufzustellen«.
Günther sprach von »einem Projekt, das an sich ja enorme Signifikanz von jeher innehatte als erste jüdische Theologie, die es jemals in Deutschland gab.« Die Universität Potsdam wolle »einige der Konstruktionsfehler, die die ursprüngliche Konstruktion innehatte«, jetzt mit einer neuen Struktur reparieren: »Uns war sehr wichtig, dass dieses Projekt auf neue organisatorische Fundamente gestellt wird, um hier auch langfristig eine tragfähige Struktur zu haben.«