Im Kanzleramt wirft Palästinenserpräsident Abbas Israel »50 Holocausts« vor. Kanzler Scholz reagiert darauf nicht sofort, stattdessen gibt es einen freundschaftlichen Handschlag zwischen den beiden Politikern. Scholz wird dafür heftig kritisiert. Sein Sprecher Steffen Hebestreit räumt jetzt Fehler ein.
Bei der Bundespressekonferenz am Mittwochnachmittag antwortete Hebestreit auf die Frage, was er der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland nach dem Eklat sagen möchte: »Ich habe, glaube ich, überall mein tiefes Bedauern über den Fehler, der mir unterlaufen ist, ausgedrückt. Ich ärgere mich sehr über diesen Fehler, aber ich kann ihn nicht ungeschehen machen. Insofern muss ich die Kritik, die sich daran entzündet, auch aushalten.»
Empörung Angehörige der israelischen Opfer des Münchner Olympia-Attentats von 1972 – darunter Ankie Spitzer – äußerten sich empört über die Entscheidung, Abbas überhaupt zu diesem Zeitpunkt nach Berlin einzuladen. Denn in nur wenigen Wochen, am 5. September 2022, jährt sich der von palästinensischen Terroristen verübte Anschlag zum 50. Mal.
Dass Abbas so unmittelbar vor diesem Jahrestag nach Berlin geladen wurde, erklärte Hebestreit »einerseits durch die unterschiedlichen Reisepläne und den Terminkalender von Herrn Abbas sowohl als auch von Herrn Scholz«. Ursprünglich war das Treffen während der Nahostreise des Bundeskanzlers im März 2022 angesetzt, doch diese musste aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine verkürzt werden.
Nach dem Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dessen Relativierung der Schoa scharf verurteilt und seine eigene, verspätete Reaktion darauf bedauert. Am Mittwochmorgen erklärte er sich dazu via Twitter.
Gespräch Am Dienstagnachmittag war Abbas zu einem Gespräch im Kanzleramt in Berlin. Bei der anschließenden Pressekonferenz sagte er, Israel habe »50 Massaker«, »50 Holocausts« in 50 palästinensischen Dörfern und Städten verübt. Nach diesen Äußerungen endete die Pressekonferenz.
Scholz, der zuvor einen Apartheid-Vorwurf zurückgewiesen hatte, reagierte diesmal nicht sofort. Dafür wurde er zum Teil heftig kritisiert. Sein Sprecher nahm die Schuld auf sich. »Das war mein Fehler, und den muss ich auf meine Kappe nehmen«, betonte Hebestreit.
»Dann habe ich den Fehler gemacht, nicht darauf zu reagieren beziehungsweise nicht selbst eine Lücke zu lassen, sodass der Bundeskanzler reagieren kann.«
Er habe am Ende der Pressekonferenz keinen Blickkontakt zu Scholz gehabt, sagte er. »Dann habe ich den Fehler gemacht, nicht darauf zu reagieren beziehungsweise nicht selbst eine Lücke zu lassen, sodass der Bundeskanzler reagieren kann.« Scholz habe ihn deshalb beim Abgang von der Bühne »angeraunzt«, weil er noch gerne etwas entgegnet hätte. Doch da seien die Mikrofone schon aus gewesen.
Am Mittwochvormittag bestellte das Kanzleramt laut Hebestreit den Leiter der palästinensischen Vertretung in Berlin ein. Scholz erwarte, dass Abbas »die Singularität des Holocausts ohne jede Einschränkung anerkennt«. Für Donnerstag sei ein Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Yair Lapid anberaumt, um über den Vorfall zu sprechen.
Lapid hatte bereits auf Twitter reagiert und erklärt, dass Abbas Israel »50 Holocausts« vorgeworfen habe, während er auf deutschem Boden stand, »ist nicht nur eine moralische Schande, sondern auch eine monströse Lüge«. Sechs Millionen Juden seien im Holocaust ermordet worden, darunter eineinhalb Millionen jüdische Kinder. »Die Geschichte wird ihm nie verzeihen.«