In Berlin ist es bei israelfeindlichen Demonstrationen zu zahlreichen antisemitischen Zwischenfällen und Gewaltausbrüchen gekommen. Rund um den sogenannten Tag der palästinensischen politischen Gefangenen am 17. April und vor dem Hintergrund der Ausschreitungen auf dem Jerusalemer Tempelberg sowie der islamistischen Terrorwelle in Israel fanden in ganz Deutschland Demonstrationen statt. Die größten Kundgebungen gab es in der Hauptstadt.
Der Journalist und Demonstrationsbeobachter des Vereins »Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus«, Levi Salomon, beschreibt gegenüber der Jüdischen Allgemeinen die Stimmung auf den Protesten, die zwischen dem 16. und 24. April mit mehreren Hundert Teilnehmern schwerpunkmäßig im Berliner Bezirk Neukölln stattfanden, als »äußerst aggressiv«. Er stellte auf den Kundgebungen »eine Enthemmung in Bezug auf Antisemitismus und Israelhass« fest.
Beobachter wurden als »Zionistenpresse« und »Drecksjuden« diffamiert.
Neben antisemitischen Parolen wie »Kindermörder Israel« und Transparenten, auf denen dem jüdischen Staat indirekt das Existenzrecht abgesprochen wurde, gab es auf den Protestzügen auch Gewalt gegen Polizisten und Journalisten. Beobachter wurden als »Zionistenpresse« und »Drecksjuden« diffamiert. Die Polizei teilte mit, dass mehrere Ermittlungsverfahren wegen Landfriedenbruchs, gefährlicher Körperverletzung und Volksverhetzung eingeleitet worden seien.
»Palästina spricht« Zu den Protesten aufgerufen hatten neben einer Gruppe namens »Palästina spricht« auch die Gruppierung »Samidoun«, die vom israelischen Staat als Terrororganisation angesehen wird. Es gelte, »genau hinzusehen, wer solche Kundgebungen anmeldet und organisiert«, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster. Und Uwe Becker, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, forderte ein künftiges »Verbot anti-israelischer Demonstrationen«.
Von vielen Politikern wurden die antisemitischen Proteste verurteilt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schrieb auf Twitter: »Für Judenfeindlichkeit gibt es in unserer Gesellschaft keinen Platz.« Die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) ließ wissen, dass Straftaten im Rahmen der Proteste mit voller Härte verfolgt würden.
Über den Umgang der Behörden mit den antisemitischen Protesten gab es auch Kritik. Kai Wegner, Landesvorsitzender der CDU Berlin, sieht eine besorgniserregende »Häufung solcher Geschehnisse in jüngster Zeit«, der Rechtsstaat müsse »mit aller Konsequenz durchgreifen«. Auch Levi Salomon hätte sich gewünscht, dass die Polizei bei eindeutig antisemitischen Vorfällen energischer eingeschritten wäre.
flaggen Der Generalsekretär der Bundes-CDU, Mario Czaja, empörte sich zudem darüber, dass auch zwei Tage nach den Protesten noch Flaggen und Slogans der Demonstranten auf dem zentralen Hermannplatz zu sehen waren. Das sei »ein verheerendes und trauriges Zeichen«, sagte er gegenüber der Jüdischen Allgemeinen.
Auf Anfrage entgegnete Martin Hikel (SPD), Bezirksbürgermeister von Neukölln, daraufhin am Dienstag, er habe die Entfernung der Symbole bereits persönlich initiiert. Er versicherte: »Das Bezirksamt Neukölln steht an der Seite aller Jüdinnen und Juden«. Dennoch hätten die Proteste der vergangenen Tage gezeigt, »dass unsere Bemühungen noch lange nicht ausreichen«.