Einspruch

Hält die Mitte?

Michael Thaidigsmann fragt sich, ob der Wahlerfolg rechtsextremer Parteien die EU lahmlegen wird Foto: privat

Trotzig rief Ursula von der Leyen am Wahlabend den versammelten Journalisten in Brüssel zu: »Die Mitte hält.« Die Spitzenkandidatin der Christdemokraten, den Siegern der Europawahl, will erneut eine Koalition mit Sozialdemokraten und Liberalen schmieden, um so die Mehrheit für eine zweite Amtszeit in der Führung der Kommission zu bekommen. Was auf dem Papier wie eine klare Sache aussieht, ist in Wahrheit nicht so einfach: Die Abstimmung im Europaparlament ist geheim.

Fast alle Parteien dürfen sich ein bisschen als Gewinner der Wahl fühlen, haben in dem einen oder anderen EU-Staat dazugewonnen. Von der Leyens Parteienfamilie legte an Sitzen zu, die Sozialdemokraten blieben stabil. Dennoch verstört, dass die politischen Ränder noch stärker wurden und anti-europäische Parteien jetzt rund ein Viertel der Sitze im Europaparlament haben. Die Ränder zerbröseln und das bringt Sand ins Getriebe der EU. Noch gibt es keine rechte Sperrminorität, aber der Trend lässt nichts Gutes ahnen.

Von Skandalen überschatteter Wahlkampf der AfD

Dass die AfD trotz eines von Skandalen überschatteten Wahlkampfs bundesweit zweitstärkste Partei wurde, dass Marine Le Pens Bewegung in Frankreich mit riesigem Vorsprung als stärkste Kraft aus der Wahl hervorging und Präsident Emmanuel Macron in einer Art Harakiri-Aktion für Ende Juni die vorzeitige Neuwahl der Nationalversammlung anordnete, zeigt, was für Europa auf dem Spiel steht. Noch vor den Sommerferien könnte ein Rechtsradikaler Premierminister werden und Frankreich als Motor der EU ausfallen.

Ja, viele EU-Bürger machen sich zu Recht Sorgen über Kriminalität und Zuwanderung aus fernen Landen. Sie nehmen aber die Lösungsvorschläge der EU-Politik nicht wahr. Brüssel hat in den vergangenen Jahren einiges zuwege gebracht, allen voran den Asylkompromiss. Jetzt muss die Mitte erneut zeigen, dass sie zusammenhalten und der rechten Herausforderung widerstehen kann. Gelingt das nicht, stehen der EU stürmische Zeiten bevor.

Der Autor ist EU-Korrespondent der Jüdischen Allgemeinen in Brüssel.

Berlin

Keine besten Freunde

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft hat die Unvereinbarkeit mit der AfD beschlossen. Nun soll der Vereinsausschluss des Bundestagsabgeordneten Maximilian Krah folgen

von Joshua Schultheis  09.04.2025 Aktualisiert

Seder

Der Traum von Freiheit

An Pessach feiern wir das Ende der Sklaverei in Ägypten. Das ist ein Anlass, unsere Geschichte zu reflektieren und an diejenigen zu erinnern, die in Unfreiheit leben müssen

von Josef Schuster  09.04.2025

Berlin

Regierung soll Anfang Mai an die Arbeit gehen

Union und SPD haben sich auf einen Koalitionsvertrag verständigt. Bis das neue Kabinett steht, dauert es aber noch etwas

 09.04.2025

Buchenwald-Gedenken

Omri Boehm weist Kritik an sich und Jens-Christian Wagner zurück

In einem Interview mit der »Zeit« äußert sich der Philosoph zur Kontroverse um das Buchenwald-Gedenken und Gedenkstättenleiter Wagner

 09.04.2025

Studie

Antisemitische Vorfälle an vielen Hochschulen in Deutschland

Für die Studie wurden 1.885 Studierende mit einem Online-Tool befragt

 09.04.2025

Ipsos

AfD in Umfrage erstmals vor Union

Die in Teilen rechtsextreme Partei ist mit 25 Prozent zum ersten Mal in einer Umfrage stärkste Kraft. Die Union kommt nur noch auf 24 Prozent

 09.04.2025

Hamburg

Opfer mutmaßlich antisemitischer Attacke sagt vor Gericht aus

Die 55-jährige Geschädigte soll im Mai vergangenen Jahres von der 27 Jahre alten Angeklagten beleidigt, gewürgt und ins Gesicht geschlagen worden sein

 09.04.2025

Justiz

Prozess gegen Mustafa A.: Eine Tat, drei Zeugen und viele offene Fragen

In Berlin ist der erste Prozesstag gegen den Angreifer auf den jüdischen Studenten Lahav Shapira zu Ende gegangen. Ein Überblick über die Vorgeschichte, den Tathergang und das mögliche Motiv

von Mascha Malburg  08.04.2025

Vereinte Nationen

Francesca Albanese geht in die Verlängerung

Gegen ihre erneute Bestellung als Sonderberichterstatterin des UN-Menschenrechtsrats gab es Einwände. Doch sie wurden ignoriert. Die Hintergründe eines dubiosen Verfahrens

von Michael Thaidigsmann  08.04.2025