Herr Bleibtreu, in Ihrem neuen Film »Mein bester Feind« spielen Sie einen Juden. In anderen Produktionen hat man Sie als Nazi gesehen. Brauchten Sie mal den Wechsel?
Manche denken vielleicht, dass man als Schauspieler viel taktiert. Das ist nicht so. Man bestimmt das Angebot ja nicht. Es gibt Zeiten, da liegt drei Jahre kein Drehbuch auf dem Tisch, in dem eine SS-Uniform vorkommt, und dann auf einmal sind da vier oder fünf. Bei »Mein bester Feind« waren es zwei Dinge, die mich motiviert haben: Die Arbeit mit Wolfgang Murnberger, den ich sehr schätze, und der Umgang mit Humor im Kino. Als ich klein war, wollte ich immer Komiker werden. Meine großen Vorbilder waren Peter Sellers, Adriano Celentano, Louis de Funès, Buster Keaton und Harold Lloyd.
Was fasziniert Sie so sehr an Komik?
Ich bin ein Riesenfan der klassisch motivierten, dramatischen Komödien der 40er- und 50er-Jahre. Solche Filme gibt es kaum noch. Vielleicht noch bei den Coen-Brüdern oder in »Four Lions«. Aber Filme, in denen Humor das essenzielle Mittel ist, um zu überleben, sind selten geworden. Dabei war Humor bei vielen Juden ein Ausdruck von Rückgrat und oft das allerletzte Mittel. Im Gespräch mit jüdischen Freunden hörte ich immer wieder: »Ohne unseren Humor wären wir nicht mehr da!«
Drei Ihrer Filme spielen in der Nazi-Zeit: »Jud Süß«, »Female Agents« und jetzt »Mein bester Feind«. Wie sehr interessieren Sie sich selbst für diese Jahre?
Ich gehöre nicht zu den Menschen, die sagen: »Oh nein, nicht schon wieder ein Film über den Zweiten Weltkrieg.« Ich bin Deutscher, ich lebe in Deutschland und versuche, hier Filme zu machen. Das bedeutet, dass ich fast alltäglich mit den Überbleibseln unserer Geschichte konfrontiert werde. Wir sind noch nicht an dem Punkt angelangt, wo wir eine Selbstverständlichkeit im Umgang mit unserem »Deutschsein« entwickelt haben. Wir sind immer noch am Suchen.
»Jud Süß«, in dem Sie Joseph Goebbels verkörperten, ist heftig angegriffen worden. Hoffen Sie diesmal auf bessere Kritiken?
Ich war damals völlig sprachlos. Ich dachte, sie schaufeln mir gleich mein Grab. Wenn man den Zuschauern genau sagt, was sie zu empfinden haben, dann funktioniert das. Das war aber das Spannende an »Jud Süß«. Der Film hat das nicht getan. Deswegen haben sich alle so aufgeregt, weil der Film sagte: Mach’ dir deine eigene Meinung. Ist das eine Komödie oder ein Drama? Dieser Film verlangt von jedem Einzelnen, das zu definieren. Lachst du oder lachst du nicht? Oh, kein anderer lacht. Dann lass’ ich es auch. Der Film zeigt, warum Leute »Heil« schrien, ohne nachzudenken, und nun schreist du »Buhhh«, ohne zu reflektieren. Deswegen fand ich »Jud Süß« so gut. Bei »Mein bester Feind« weiß man sofort, hier darf man lachen, also wird gelacht. Da wird dieses wahnsinnig dünne Eis, auf dem der Film genauso steht wie »Jud Süß«, viel begehbarer. Dafür spricht einiges, aber ich finde es schade. Ich wünsche mir eine eigene Haltung und dass man sich nicht an das dranhängt, was alle anderen sagen.
Das Gespräch führte Jörg Taszman.