Herr Saathoff, die israelische Zeitung Ye-dioth Ahronoth schreibt: »Sie verbreiten Hass.« Es geht um eine Broschüre der Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« (EVZ). Haben Sie sie gelesen?
Ja, aber erst im Nachhinein. Der Inhalt der Broschüre, wie die anderen Projektdetails auch, ist nicht über die Stiftung gegangen. Natürlich haben wir die Broschüre nicht genehmigt, weil sie uns hierfür auch gar nicht vorgelegt wurde.
Es geht um den Jugendaustausch zwischen einer deutschen Schule und einer in Nazareth. In der Broschüre über den Austausch finde sich Antisemitismus, heißt es. Was halten Sie davon?
Die Texte und die Zeichnungen haben die Schüler selbst gemacht. Ich kenne ihre Lebenssituation nicht und kann daher nicht darüber urteilen, inwiefern sie recht haben. Jedenfalls soll die Broschüre die Gedanken und Positionen der Teilnehmer widerspiegeln, nicht jene der Stiftung.
Es geht aber um schwierige Inhalte.
Zugegeben, sie enthält auch Stereotype über Juden. Aber die gibt es überall, und sie haben auch bei anderen oft nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Diese Vorurteile lehne ich natürlich ab, wie ich jede Art von Stereotypen ablehne.
Was sagen Sie zur Kritik?
Ich verstehe die Empfindlichkeit auf jüdisch-israelischer Seite. Ich denke, man sollte darüber sprechen. Ich möchte im Namen der Stiftung auch betonen, dass wir es bedauern, wenn jemand sich davon verletzt fühlt. Das war und ist natürlich nicht unsere Absicht.
Das Stiftungslogo ist aber in der Broschüre abgedruckt.
Ja, weil schließlich die Finanzierung des Projekts von uns kommt. Aber das war eine von 78 Initiativen, die letztes Jahr im Förderprogramm »Europeans for Peace« finanziert wurden. Da sind wir die Schirmherren. Mit den einzelnen Projekten haben wir nur indirekt zu tun.
Wie wurde das Programm ausgewählt?
Wir finanzieren jährlich Hunderte Projekte und bekommen Tausende Anträge. Wir haben nicht die Kapazitäten, selbst die Auswahl zu treffen. Darum gibt es für jedes Förderprogramm eine eigene Jury. Die Mitar- beiter der Stiftung können und dürfen da nicht intervenieren.
Welche Lehren ziehen Sie aus dem Vorfall?
Wir wollen ja die Zusammenarbeit mit Israel fördern. Auch wenn in diesem Fall Fehler gemacht worden sind, gehe ich davon aus, dass die Absichten der Projektleiter gut waren. Wir möchten nun vermeiden, dass andere Schulen aus dieser Debatte den Schluss ziehen, dass man sich besser andere Partner suchen sollte als Israel. Wäre dies das Ergebnis, so wären wir von unserem gemeinsamen Ziel noch weiter entfernt.
Und welche Konsequenzen hat es für die Arbeit der EVZ?
Das Ziel unserer Bildungsarbeit ist die Förderung von Menschenrechten. Unser Logo steht bei allen Endprodukten, und darum tragen wir auch eine gewisse Verantwortung für die Inhalte, auch wenn wir da nicht direkt involviert sind. Wenn sich herausstellen sollte, dass das Projekt oder die Broschüre auch Inhalte enthält, die diesem Ziel widersprechen, dann würden wir uns davon distanzieren. In Zukunft wollen wir besser auf solche Programme achten und prüfen, dass deren Ergebnisse wirklich der Zielsetzung der Stiftung entsprechen. Die Jurys der verschiedenen Programme werden sich solche sensiblen Themen näher anschauen. Das ist unsere Schlussfolgerung. Und natürlich werden wir keine anti-israelischen Positionen fördern.
Mit dem Vorstand der Stiftung EVZ sprach Yoav Sapir.
Stiftung EVZ
Mit über 21.000 Euro hat die Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« (EVZ), zu deren Vorstand Günter Saathoff gehört, den Jugendaustausch einer deutschen Schule mit der arabischen Massar-Schule in Nazareth unterstützt. In der Broschüre über den Besuch finden sich Zeichnungen, die sich antisemitischer Stereotype bedienen.