Einspruch

Groteske Nostalgie

Avital Grinberg blickt zynisch auf die neue Antisemitismus-Studie der EU, die vor dem 7. Oktober erhoben wurde

von Avital Grinberg  18.07.2024 09:09 Uhr

Avital Grinberg Foto: privat

Avital Grinberg blickt zynisch auf die neue Antisemitismus-Studie der EU, die vor dem 7. Oktober erhoben wurde

von Avital Grinberg  18.07.2024 09:09 Uhr

Vergangene Woche wurde die jüdische Gemeinschaft in Europa auf bittere Weise an etwas erinnert: Schlimmer geht es immer. Die EU-Agentur für Grundrechte (FRA) hat ihre neueste Antisemitismus-Studie veröffentlicht. Europaweit wurden knapp 8000 Jüdinnen und Juden aus 13 EU-Ländern ausführlich befragt. Das Ziel: zuverlässige Evidenz für die Bekämpfung von Judenhass.

Doch als ich und weitere 800 Juden aus Deutschland die Umfrage ausfüllten, ließen wir uns nicht träumen, dass wir eines Tages fast zynisch auf den eigenen Erfahrungsbericht schauen würden. Denn die Studie wurde Monate vor dem 7. Oktober 2023 verfasst und berücksichtigt nicht den seither zu verzeichnenden extremen Zuwachs an Antisemitismus.

So lesen sich die Ergebnisse zwischen purem Schrecken und grotesker Nostalgie. Damals, als nur 96 Prozent aller Befragten Antisemitismus in den letzten zwölf Monaten widerfahren ist. Damals, als nur 62 Prozent glaubten, dass der arabisch-israelische Konflikt ihr Sicherheitsgefühl beeinträchtige. Damals, als sich nur 53 Prozent um ihre Sicherheit sorgten.

Deutschland schneidet im Vergleich zum europäischen Durchschnitt übrigens schlecht ab.

Deutschland schneidet im Vergleich zum europäischen Durchschnitt übrigens schlecht ab. Ob Antisemitismus im Netz oder auf der Straße – in den meisten Bereichen sieht die jüdische Erfahrung hier besonders düster aus. 58 Prozent der Befragten erwägen die Emigration, während es in Tschechien nur 29 Prozent sind.

Die FRA formuliert auch Empfehlungen zur europaweiten Antisemitismusbekämpfung: Überwachung und Finanzierung von nationalen Strategien, Gewährleistung von Sicherheit, verbesserte Berichterstattung und Bekämpfung von Judenhass im Internet. Das Problem im Fall Deutschland: Strategie, Beauftragter, Sicherheit – alles vorhanden! Klar ist, dass wir zu den tragischen Zahlen der FRA so schnell nicht zurückkehren werden. Da graut es einem vor der nächsten Befragung, vermutlich im Jahr 2029.

Die Autorin ist Geschäftsführerin von »EU Watch« und war zuvor Präsidentin der European Union of Jewish Students.

USA

Hitlergruß: Nach Musk nun Bannon?

Steve Bannon, einst Chefideologe von Donald Trump, hat bei einer Rede vor rechten Aktivisten eine umstrittene Geste gezeigt

von Michael Thaidigsmann  21.02.2025

Berlin

»Welt«-Gruppe gedenkt der Bibas-Familie

»All jene, die in Deutschland den Islamismus verharmlosen oder relativieren, sollten in die Gesichter der Bibas Kinder sehen«, betont »Welt«-Chefredakteur Jan Philipp Burgard

 21.02.2025

Interview

Haben Sie genug für Israel und für Juden in Deutschland getan, Herr Bundeskanzler?

Olaf Scholz (SPD) über die deutsche Staatsräson, seine Grünen-Koalitionspartner und die Bilanz der Ampel-Regierung bei jüdischen Themen

von Mascha Malburg, Philipp Peyman Engel  21.02.2025

Katrin Richter

Demokratie statt Lethargie

Wer nicht wählt, muss mit dem leben, was dann dabei herauskommt

von Katrin Richter  21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Demoskopie

Abstimmung gegen Antisemitismus?

So wahlentscheidend sind jüdische Themen

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Berlin

KZ-Gedenkstätten: Wählen gehen für die Demokratie

Rutscht die Gesellschaft weiter nach Rechts? Die Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten sieht die Bundestagswahl als Chance, diesen Trend zu stoppen

 20.02.2025

Igor Mitchnik

Europa muss sich hinter die Ukraine stellen

Trump denkt nicht transatlantisch, sondern transaktional

von Igor Mitchnik  20.02.2025

WHO

Polio-Impfkampagne im Gazastreifen geht weiter

Weil das Poliovirus wieder in Abwasserproben nachgewiesen wurde, sollen in Gaza erneut etliche Mädchen und Jungen gegen Kinderlähmung geimpft werden. Start der Kampagne ist bereits in wenigen Tagen.

 19.02.2025