Über Joachim Gauck heißt es zu Recht, er habe dem Amt des Bundespräsidenten Würde verliehen. Auch sein Rückzug, bei Beliebtheit und ohne politischen Zwang, zeugt von menschlicher Stärke und verdient Respekt.
Diesen verdient Joachim Gauck auch wegen seines Einsatzes für die jüdische Gemeinschaft. Sei es sein Besuch in Israel im ersten Jahr seiner Amtszeit oder seine Auftritte an der Seite jüdischer Vertreter, etwa beim Gemeindetag 2013. Nach anfänglichen Irritationen über Gaucks Mitunterzeichnung der Prager Erklärung, die nationalsozialistische und stalinistische Verbrechen gleichsetzt, entwickelte sich eine fast unerwartete gegenseitige Zuneigung.
Wende Gaucks Karriere in der Bundesrepublik wäre ohne die Deutsche Einheit nicht denkbar gewesen. Der Rostocker Pfarrer fand seine Rolle in der Aufarbeitung des DDR-Unrechts. Nach einem gescheiterten Versuch 2010 trug ihn 2012 ein breites Bündnis von Parteien und Unterstützern in das Amt des Bundespräsidenten. Zur damaligen Zeit traf Gauck mit seiner Kandidatur genau den richtigen Ton.
Gewissermaßen kommt aber auch sein Rückzug zur richtigen Zeit: Die Debatte um seine Nachfolge könnte den anhaltenden Nachrichtenstrudel um die AfD durchbrechen.
akzente Wenn sich das Personalkarussell nicht sofort dreht, könnten nun wichtige Fragen gestellt werden. Beispielsweise, welche Eigenschaften heute benötigt werden, um dieses Land zu repräsentieren. Womit die Frage verbunden ist, wie Deutschland, das mit den Geflüchteten an Bevölkerung gewonnen hat, zukünftig aussehen möchte. Ein Bundespräsident oder eine Bundespräsidentin kann hier wichtige Akzente setzen.
Meine Hoffnung ist, dass der zu findende Kandidat die neue Vielfalt Deutschlands als Stärke begreift. Gauck war der richtige Präsident zur richtigen Zeit. Für die neuen Herausforderungen wird es eine andere Persönlichkeit benötigt. Vielleicht eine Bundespräsidentin, die etwa durch eine eigene Migrationsgeschichte sensibel für die Sorgen unserer Gemeinschaft ist. Eine solche Bundespräsidentin könnte das wichtige Signal senden, dass Deutschland seinen Aufgaben mit Mut begegnet.
Der Autor ist Politikwissenschaftler und Referent des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks.