Schwerer Dämpfer für Attila Hildmann: Der Zugang zum Telegram-Kanal des aus Deutschland geflüchteten Kochs, der in den vergangenen Monaten nicht durch Kulinarisches, sondern mit übler antisemitische Hetze Schlagzeilen gemacht hatte, wurde nun von Google und Apple gesperrt.
Damit sind Hildmanns Hassbotschaften ab sofort über die auf dem Google Play Store beziehungsweise dem App Store von Apple auf Smartphones und andere Geräte heruntergeladene Telegram-App nicht mehr erreichbar. Auf wessen Veranlassung hin die Zugänge eingeschränkt wurden und ob diesem Schritt weitere folgen werden, wurde zunächst nicht bekannt.
ANTISEMITISMUS Auf seiner Webseite schrieb Hildmann, der sich aktuell in der Türkei dem Zugriff der deutschen Behörden entzogen hat: »Worauf ich lange vorbereitet war, ist nun eingetreten! Nachdem sich sogar der jüdische Weltkongress und Europol eingeschalten haben, haben APPLE und GOOGLE meinen Kanal zensiert über das Telegram, welches man über GOOGLE PLAYSTORE und APPLE APP-STORE runterlädt! TELEGRAM selbst hat meinen Kanal nicht zensiert, man kann ihn noch über die App erreichen, dafür muss man sie sich aber über die Webseite von Telegram runterladen!«
Bereits im Juni des vergangenen Jahres hatte Hildmann dem ehemaligen Grünen-Politiker Volker Beck öffentlich gedroht: »Wenn ich Reichskanzler wäre, dann würde ich die Todesstrafe für Volker Beck wieder einführen, indem man ihm die Eier zertritt auf einem öffentlichen Platz« und anschließend die Menge gefragt, wer dabei mitmachen würde.
WEIGERUNG Bislang hatten sich die Betreiber von Telegram geweigert, Hildmanns Kanal wegen Hassrede zu sperren. Doch war der Druck auf die Plattform offenbar zu groß geworden. Seit einigen Monaten bereits verbreitet der prominente Koch auf Telegram Antisemitismus und macht Juden und für die Corona-Politik der Bundesregierung verantwortlich.
Vor Kurzem hatte unter anderem Maram Stern, Geschäftsführer des Jüdischen Weltkongresses (WJC), gefordert, dass Hildmanns Kanal endlich gesperrt werden müsse. In einem am 19. Mai in der »Wiener Zeitung« veröffentlichten Gastbeitrag wetterte Stern, es sei ein Skandal, dass Telegram »rund um die Uhr digitalen Raum für die Verbreitung solcher Hassparolen und für Aufrufe zu Gewalttaten« bereitstelle und strafbare Inhalte nicht lösche.
Die Plattform lasse zu, »dass der in die Türkei geflüchtete deutsche Holocaust-Leugner Attila Hildmann an seine inzwischen mehr als 110.000 Follower die oben zitierten antisemitischen Hassbotschaften verbreiten kann. Ich halte es für unerträglich und skandalös, dass solche rechtsextreme Inhalte in Europa offenbar ohne strafrechtliche Konsequenzen verbreitet werden dürfen«, so Stern.
DRUCK Er habe, so der WJC-Geschäftsführer weiter, Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ersucht, Druck auf Telegram auszuüben, um »solche Inhalte unverzüglich zu löschen und Personen und Organisationen, die Gewalt fördern und Hassparolen unterstützen, zu entfernen.«
Daraufhin hatte Hildmann auf Telegram Stern mit den Worten attackiert: »JUDE DEIN MORDPLAN IST ENTTARNT! EGAL WAS DU JETZT MACHST, GENUG MENSCHEN WISSEN, DASS DU HINTER ALLEM STEHST UND DIE NWO [neue Weltordnung; Red.] DIE JEWISH WORLD ORDER IST! ALLE GIFTSPRITZEN KOMMEN VON JUDENFIRMEN!« Wiederholt hatte der Impfgegner Hildmann suggeriert, die Impfkampagne gegen das Coronavirus sei in Wahrheit ein »jüdischer Mordplan«. Auf seinem Telegram-Kanal hatte er zuletzt mehr als 110.000 Follower.
STAATSANWALTSCHAFT Die Berliner Staatsanwaltschaft vermutete Mitte Mai dieses Jahres, dass Informationen über einen Haftbefehl gegen Attila Hildmann aus den eigenen Reihen unzulässig weitergereicht wurden. Es werde gegen Unbekannt wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen ermittelt, teilte die Staatsanwaltschaft damals mit. Zuvor hatte die »Süddeutsche Zeitung« berichtet.
Hildmann ist seit Monaten in der Türkei, ein Haftbefehl wegen des dringenden Verdachts der Volksverhetzung kann deshalb nicht vollstreckt werden. Der 40-Jährige hat laut Staatsanwaltschaft neben der deutschen auch die türkische Staatsbürgerschaft. Mit seiner Rückkehr sei derzeit nicht zu rechnen.
Es gebe aber keinen Zusammenhang zwischen der Weitergabe von Informationen und der Flucht von Hildmann, hieß es. Dieser habe sich bereits »geraume Zeit« vor Erlass des Haftbefehls ins Ausland abgesetzt.
In dem Ermittlungsverfahren gegen Hildmann überprüft die Berliner Anklagebehörde mehr als 1000 Äußerungen. Es geht dabei neben dem Verdacht auf Volksverhetzung auch um den Verdacht der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. (mit dpa)