Die Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Sachsen, Nora Goldenbogen, hat sich für einen Antisemitismusbeauftragten im Freistaat ausgesprochen.
Ein solches Amt dürfe aber »keine Alibifunktion« haben, sondern müsse mit konkreten Aufgaben und Strukturen gefüllt werden, sagte Goldenbogen am Donnerstag bei einer Anhörung im Innenausschuss des sächsischen Landtages in Dresden. Die Linksfraktion hatte vor einigen Monaten einen Antrag zur Einrichtung eines Antisemitismusbeauftragten vorgelegt (Drucksache 6/12174).
Seit den 1990-er Jahren seien Juden regelmäßig mit Antisemitismus konfrontiert, sagte Goldenbogen. Die Hemmschwelle zu Hetze und Judenfeindlichkeit sei in den vergangenen Jahren zudem deutlich gesunken. Mitglieder der jüdischen Gemeinden hätten Angst, seien verunsichert.
Alltagsrassismus Um gegen einen anhaltenden Alltagsrassismus vorzugehen, reichten bisherige Maßnahmen und Strukturen nicht aus. »Alltagsrassismus kann man nicht unbedingt in Projekten abfangen«, sagte Goldenbogen. Auch mehrere Sachverständige befürworteten bei der Anhörung wegen des gewachsenen Antisemitismus das neue Amt in Sachsen. Die jüdischen Gemeinden zählen auf dem Gebiet des Freistaates nach eigenen Angaben rund 2600 Mitglieder.
Als erster Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung hatte Felix Klein am 1. Mai sein Amt angetreten. Seither gibt es auch in einigen Bundesländern eigene Antisemitismusbeauftragte im Kampf gegen Judenhass und zur Unterstützung der jüdischen Gemeinden. Vor Kurzem nahm in Hessen Felix Semmelroth seine Arbeit auf. Beauftragte gibt es auch in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.
Strukturen Die schwarz-rote sächsische Landesregierung hatte bereits im Vorfeld zu dem Antrag der Linken erklärt: »Im Freistaat Sachsen bestehen aus Sicht der Staatsregierung belastbare Strukturen, welche diese kontinuierliche Arbeit sicherstellen.«
Die Zahl antisemitischer Straftaten in Sachsen hat nach Angaben der Linksfraktion deutlich zugenommen. Allein im vergangenen Jahr seien 118 derartige Fälle bekannt geworden, 2016 waren es 90 Vorfälle.
Bei der Umfrage Sachsen-Monitor hatten 2017 rund 16 Prozent der Befragten der Aussage zugestimmt: »Juden versuchen heute Vorteile daraus zu ziehen, dass sie während der Nazi-Zeit die Opfer gewesen sind.« Zehn Prozent fanden sogar: »Die Juden haben einfach etwas Besonderes und Eigentümliches an sich und passen nicht so recht zu uns.« epd