Debatte

Gil Ofarim wehrt sich gegen Vorwürfe

Gil Ofarim Foto: imago/Future Image

Der Musiker Gil Ofarim bekräftigt seine Aussagen zu dem mutmaßlich antisemitischen Vorfall im Leipziger »Westin Hotel« vor zwei Wochen. Er habe seine Davidstern-Kette an dem Tag im Hotel getragen und habe das auch genau so bei der Polizei ausgesagt, sagte der Sänger im Interview mit der »Leipziger Volkszeitung« (Dienstag).

Am vergangenen Wochenende veröffentlichte Videobilder des Musikers im Westin Hotel zeigen ihn jedoch womöglich ohne Kette, was Fragen aufwerfen würde. Er könne verstehen, dass es nach den Videoaufnahmen so aussehen würde, als hätte er den Stern nicht getragen, sagte Ofarim. »Was nicht stimmt. Ich habe ihn immer angehabt. Ich ziehe die Kette praktisch nie aus – auch an diesem Tag nicht.« Die veröffentlichten Videobilder, die ihn ohne Kette zeigen, seien unvollständig – er habe sich zudem weder pöbelnd verhalten noch die Kette nachträglich angezogen.

davidstern Ofarim sagte weiter: »In einem Interview am Wochenende hieß es, ich hätte angeblich gegenüber der Polizei ausgesagt, dass ich gar nicht genau wüsste, ob ich diese Kette an diesem Tag getragen habe. Das ist nicht wahr. Ich habe auch bei der Polizei klar ausgesagt, dass ich die Kette an diesem Tag im Hotel Westin getragen habe.«

Mit »Blick auf die hohe mediale Aufmerksamkeit« würden die Ermittlungen »mit Hochdruck geführt«, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Der Musiker und Sohn der israelischen Musiklegende Abi Ofarim (1937–2018) war nach eigener Aussage Anfang Oktober im Leipziger Westin Hotel antisemitisch beleidigt worden, weil er sichtbar einen Davidstern trug. In einem millionenfach aufgerufenen Instagram-Video hatte der 39-Jährige danach Antisemitismus-Vorwürfe gegen das Hotel erhoben.

»Mir war auch von vornherein klar, dass ich irgendwann wohl als Lügner hingestellt werden würde«, so Ofarim. Er könne nicht mehr tun, als zu erzählen, was ihm passiert sei. Als Jude in Deutschland könne er »nicht einfach die Klappe halten«. Er habe Vertrauen in die Justiz.

Auf die Frage der »Leipziger Volkszeitung«, ob er sich absolut sicher, dass er im Hotel Westin antisemitisch beleidigt wurde, antwortete der Sänger: »Ja, bin ich, felsenfest. Nicht nur einmal, sondern zweimal. Erst, als ich noch in der Schlange stand, kam der Satz von hinten. Ich stand da mit meiner Gitarre, hatte auch das Outfit von der TV-Show noch an. Da hat mich wahrscheinlich jemand erkannt. Dann bin ich zum Hotelmitarbeiter gegangen und wollte mich über die Beleidigung von hinten beschweren. Dann fiel der Satz noch einmal: Packen Sie Ihren Stern ein, dann können Sie einchecken.«

RÜCKBLICK Am Montag hatte Ofarim der »Bild«-Zeitung in einem TV-Interview gesagt: »Ich wusste, was mein Video für Wellen schlagen würde. Dass ich aber vielleicht vom Opfer zum Täter gemacht werde und dass ich angeblich gelogen haben soll, darum habe ich mir keine Gedanken gemacht und, ganz ehrlich, das hätte ich auch nicht gedacht.« Entgegen anderslautenden Medienberichten habe er auch nie behauptet, die Davidstern-Kette nicht getragen zu haben.

»Dass ich aber vielleicht vom Opfer zum Täter gemacht werde und dass ich angeblich gelogen haben soll, darum habe ich mir keine Gedanken gemacht.«

Und weiter: »Ich habe im Vergleich zu vielen anderen Jüdinnen und Juden den Mund aufgemacht und habe etwas gesagt und mich gewehrt. Jeder sollte seinen Mund aufmachen. Ich würde es nochmal genauso machen.«

staatsanwaltschaft Nach Angaben der Staatsanwaltschaft werden derzeit mehrere Videoaufnahmen ausgewertet, Angaben zum Inhalt wurden bislang nicht gemacht. Mit »Blick auf die hohe mediale Aufmerksamkeit« würden die Ermittlungen »mit Hochdruck geführt«, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Zusammen mit der Polizei wolle sie die strafrechtlichen Vorwürfe und den streitigen Ablauf des Vorfalls »möglichst zeitnah aufklären«. Dabei beachte sie die »Grundsätze der Unschuldsvermutung und des fairen Verfahrens«. epd/ja/kna

Reaktionen

Freund und Bruder Franziskus – Juden verabschieden sich vom Papst

Mit Wärme und Respekt würdigen Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland und weltweit den Papst. Nicht immer war das Verhältnis von katholischer Kirche und Judentum aber einfach, etwa nach dem 7. Oktober 2023

von Leticia Witte  21.04.2025

Reaktionen

»Mit Papst Franziskus ist ein Freund der jüdischen Gemeinschaft von uns gegangen«

Der Zentralrat der Juden würdigt Papst Franziskus, der am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben ist

 21.04.2025

Nachruf

Förderer des katholisch-jüdischen Dialogs, aber auch harter Kritiker Israels

Papst Franziskus ist am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein langjähriger Gesprächspartner, Rabbiner Jehoschua Ahrens, nimmt Abschied

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  21.04.2025

Vatikan

Papst Franziskus ist tot

Das Oberhaupt der katholischen Kirche starb einen Tag nach dem Ostersegen

 21.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025