Das Landgericht Wiesbaden verkündet an diesem Mittwoch das Urteil im Prozess um den Mord an der 14-jährigen jüdischen Schülerin Susanna aus Mainz. Die Staatsanwaltschaft hat lebenslange Haft für den angeklagten Ali B. beantragt.
Außerdem forderte Anklägerin Sabine Kolb-Schlotter die Feststellung einer besonderen Schwere der Schuld gegen den 22-Jährigen, die eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren so gut wie ausschließen würde.
HAFTENTLASSUNG Eine Sicherungsverwahrung nach der Haftentlassung des abgelehnten Asylbewerbers aus dem kurdischen Teil des Iraks soll sich das Gericht nach dem Antrag der Staatsanwältin vorbehalten. Dann würde zu einem späteren Zeitpunkt geprüft, ob von ihm noch eine Gefahr ausgeht.
Dagegen hat die Anwältin der Nebenklage von Susannas Mutter dafür plädiert, die Sicherungsverwahrung bereits jetzt im Urteil festzulegen.
Ali B. hatte gleich zu Beginn des Prozesses gestanden, das Mädchen in der Nacht zum 23. Mai 2018 in einem Waldstück bei Wiesbaden-Erbenheim getötet zu haben. Die vorausgegangene Vergewaltigung, die ihm in der Anklageschrift zur Last gelegt wurde, bestritt er dagegen und sprach von einvernehmlichem Sex.
HEIMTÜCKE Die Staatsanwältin hält dies aufgrund mehrerer Zeugenaussagen, wonach Susanna einen Widerwillen, ja Hass gegen den Angeklagten empfand, für unglaubwürdig. Als Mordmerkmale nannte sie die Verdeckung der Straftat sowie Heimtücke wegen der Arg- und Wehrlosigkeit der Schülerin.
Susannas in der Nähe von Bahngleisen in einem Erdloch verscharrte und mit Ästen bedeckte Leiche wurde dort erst am 6. Juni 2018 nach einem Zeugenhinweis gefunden. Ali B. war zu diesem Zeitpunkt bereits mit seiner Familie in den Irak zurückgereist.
Dort wurde er von kurdischen Sicherheitskräften festgenommen und der deutschen Bundespolizei übergeben. Deren Chef Dieter Romann brachte Ali B. persönlich nach Deutschland, wo er sich schließlich seit 12. März 2019 vor Gericht verantworten musste.
Die Verteidigung hat in dem Prozess auf einen konkreten Strafantrag verzichtet. Rechtsanwalt Marcus Steffel wies nur darauf hin, dass sein Mandant die Tötung gestanden habe und ganz offenkundig nicht über die Reife eines Erwachsenen verfüge.
TRAUER Der Mordfall Susanna F. hatte nach Bekanntwerden im Juni 2018 für große Trauer und Entsetzen in Deutschland gesorgt. Mit tiefer Betroffenheit reagierte der Zentralrat der Juden auf die Nachricht von dem Gewaltverbrechen an der Schülerin.
Die Jüdische Gemeinde Mainz reagierte schockiert und sprachlos auf den Tod des Mädchens. »Ich bin über den gewaltsamen Tod von Susanna so bestürzt, traurig und fassungslos, wie man nur sein kann«, sagte der Mainzer Gemeinderabbiner Aharon Ran Vernikovsky.
Die gesamte Jüdische Gemeinde Mainz trauere um ihr junges Mitglied. »Wir werden für Susannas Familie da sein und ihr, so gut es geht, helfen und sie unterstützen.« epd/ja